gemeinsame Heizung für mehrere Häuser

Mein Heim, meine Heizung? Alternative: Mikrowärmenetz

Kosteneffiziente Beheizung von Niedrig(st)energiehäusern

Inzwischen ist der Wärmebedarf sanierter oder neu gebauter Häuser so niedrig, dass man sich ernsthaft fragen muss, ob  jedes Haus eine eigene Heizung braucht. …. WAS? … Ein Haus ohne eigene Heizung??!!! … Die emotionale Reaktion ist meist blankes Entsetzen und Unverständnis.

Wenn sich der erste Schock gelegt hat, frage ich, ob man denn in einer Eigentumswohnung eine eigene Heizung hat? Natürlich nicht… Beim Kauf einer Eigentumswohnung ist es selbstverständlich, dass sich verschiedene Wohnungseigentümer eine gemeinsame Heizung teilen. Niemand hat in einem Mehrfamilienhaus eine „eigene Heizung“. Was ist der Unterschied zu einer Gruppe von Häusern, die sich auch eine gemeinsame Heizung teilen? Der Unterschied ist nicht groß und rechtlich leicht zu klären.

Nachfolgend ein paar Möglichkeiten, wie so etwas rechtlich aussehen kann, ohne damit Anspruch auf 100 % rechtliche Vollständigkeit zu gewährleisten. Aber ich habe mich mal juristisch beraten lassen. Welche Möglichkeiten gibt es?

 

Variante A: die Heizzentrale liegt auf einem gesonderten Grundstück und steht im Eigentum eines Dritten (Wärmelieferant), sog. „contracting“:

  • Es wird ein Vertrag zwischen den Wärmelieferanten und den Wärmeabnehmern („Wärmelieferungsvertrag“) geschlossen, in welchem die Einzelheiten des Wärmebezugs, der Bezahlung etc. geregelt werden.
  • An den bezugsverpflichteten Grundstücken wird zur Absicherung der Wärmeabnahmepflicht entweder eine sog. „Unterlassungsdienstbarkeit“ in der Form entweder einer sog. beschränkten persönliche Dienstbarkeit  zu  Gunsten des Contracting-Partners (Wärmelieferant) oder einer sog. Grunddienstbarkeit zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers des Grundstückes mit der Heizzentrale eingetragen. Deren Inhalt lautet in etwa folgendermaßen: „Der Grundstückseigentümer hat es zu unterlassen, Anlagen zu errichten oder zu betreiben oder zu errichten und betreiben zu lassen, die der Erzeugung von Wärme zur Raumheizung und von Wärme zur Bereitung von Brauchwarmwasser dienen” Damit darf auf dem jeweiligen bezugsverpflichteten Grundstück keine Heizung zur Erzeugung von Wärme etc. betrieben werden. Also muss die Wärme von außen kommen.
  • Zur Absicherung der Wärmelieferungspflicht wird an dem Grundstück mit der Heizzentrale eine sog. Reallast zu Gunsten der jeweiligen mit Wärme zu beliefernden Grundstücke eingetragen.

 

Nahwärme für Neubausiedlungen
Konzept eines Nahwärmenetzes – hier: alternativer Bebauungsvorschlag für Im Wittum Saarbrücken

 

Die Instandhaltung der Heizung obliegt hier grundsätzlich dem Wärmelieferanten (welcher dies entsprechend bei der Preisbildung berücksichtigt).  Bei dieser Variante ist es so, als wenn man an ein Fernwärmenetz angeschlossen wäre. Der Hauseigentümer hat mit der Heizung eigentlich nichts zu tun, außer dass er für die abgenommene Wärme bezahlt. Diese Variante wird nur bei großen neu erschlossenen Gebieten Sinn machen, da sich für den Wärmelieferanten sonst die Investition i. d. R. nicht lohnt.

 

Variante B: Die Heizzentrale liegt auf einem den berechtigten Hauseigentümern gemeinsam gehörenden Grundstück:

  • Ebenso wie bei Variante A wird die Wärmebezugspflicht durch Unterlassungsdienstbarkeit an den einzelnen Hausgrundstücken abgesichert, wonach diese keine eigene Heizung betreiben dürfen  
  • Die weiteren Vereinbarungen (Wärmebezugsrecht, Instandhaltungsrecht und -pflicht, Kostentragung etc.) können in einer sog. Miteigentümervereinbarung nach § 1010 BGB geregelt und in dem Grundbuch des Grundstückes mit der Heizzentrale eingetragen werden

 

Variante C: Die Heizzentrale liegt auf einem der Hausgrundstücke (das ist ähnlich zu Variante A, jedoch mit dem Unterschied dass der Eigentümer zugleich „Lieferant“ und „Bezieher“ ist):

  • Wie bei Variante A wird an den anderen Grundstücken eine Unterlassungsdienstbarkeit („keine eigene Wärmeerzeugung“) eingetragen.
  • Wie bei Variante A wird eine Reallast („Wärmelieferungsverpflichtung“) an dem Grundstück mit der Heizzentrale eingetragen
  • Zusätzlich wird an dem Grundstück mit der Heizzentrale zu Gunsten der jeweiligen Eigentümer der anderen Grundstücke eine weitere Dienstbarkeit zur Duldung des Betriebes der Heizzentrale (mit entsprechenden Regelungen zur Teilung der Kosten dieser Anlage), des Betretens des Grundstückes und der Instandhaltung der Heizzentrale eingetragen.

 

In allen Fällen ist es auch ggfs. erforderlich, die Leitungen von und zur Heizzentrale auf den Grundstücken der Wärmebezieher durch weitere Dienstbarkeiten (Leitungsrechte) abzusichern. Die Verpflichtung zur Zahlung des Leistungsentgeltes für den Wärmebezug könnte darüber hinaus an den „Beziehergrundstücken“ durch Eintragung einer entsprechenden Reallast abgesichert werden.

Die Abrechnung der entstehenden Betriebs- und Unterhaltungskosten ist entsprechend der Heizkostenverordnung nach den Faktoren zu versorgende Wohn-/Nutzfläche (30 % der Kosten) und gesondert zu erfassenden Verbrauch (70 %) vorzunehmen. (wie dies auch im Rahmen von WEG-Anlagen zwingend ist). Dies kann natürlich ein Abrechnungsservice übernehmen.

Die Verpflichtungen aus dem eigentlichen Wärmelieferungsvertrag muss jeder Eigentümer etwaigen Käufern seines Grundstückes im Kaufvertrag weitergeben. Die im Grundbuch eingetragenen Rechte und Pflichten gehen automatisch auf den nächsten Eigentümer über. Ob also der Käufer Lust auf Gemeinschaftswärme hat, spielt keine Rolle: wenn er kauft, muss er wegen der eingetragenen Dienstbarkeit die Wärme „von außen“ beziehen.

Wie konkret und detailliert die jeweiligen Rechtsbeziehungen durch Eintragungen im Grundbuch geregelt werden sollen, bestimmt die Komplexität der jeweiligen notariellen Grundbucheintragungen: je genauer, desto komplexer die Regelungen. Wichtigster Bestandteil aller Regelungen ist die „Unterlassungsdienstbarkeit“ auf den mit Wärme zu versorgenden Grundstücken. Der Rest ist „freiwillig“, aber sinnvoll.

 

Wie alle juristischen Regelungen wirkt dies zunächst kompliziert. Aber wenn ich hier die Regelungsmöglichkeiten eines Grundstückskaufes darstellen würde, würde wohl auch jeder sagen, dass das viel zu kompliziert ist. Trotzdem werden jeden Tag viele, viele Grundstücke und Häuser ohne Probleme verkauft. Wichtig ist also: Es gibt gangbare juristische Wege für eine gemeinsame Beheizung von einer Häuserzeile. Davon sollte man sich also nicht abschrecken lassen.

 

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