U-Werte messen

Die Regelwerke bewerten Altbauten oft zu schlecht

Durch Messung kann der Wärmedurchgangskoeffizient von Bestandswänden erfasst werden – mit großen Vorteilen für die Bewertung des Gebäudes

Für die Ausstellung eines Energieausweises auf Bedarfsbasis oder auch für Sanierungsvorschläge benötigt man Kennwerte, um den Energiebedarf des Gebäudes zu berechnen. Da man nicht in die Wände hineinsehen kann, bedient man sich den Kennwerten aus der Bekanntmachung der Regeln zur Datenaufnahme und Datenverwendung im Wohngebäudebestand in der aktuellen Ausgabe (Bundesanzeiger GEG 2020 – Regeln zur Datenaufnahme Wohngebäudebestand). Die Kennwerte der Veröffentlichung sind für Altbauten auf der sogenannten „sicheren Seite“, d. h. die Werte sind in der Regel tendenziell eher zu schlecht.

An folgendem Beispiel sei kurz dargestellt, wie schnell man einen Altbau „kaputt“ rechnet.

U-Werte messen statt raten
Die Regelwerte der Dämmeigenschaft alter Häuser sind sehr schlecht und entsprechen oft nicht der Realität

 

Von dem denkmalgeschützten Gebäude ist bei der Besichtigung lediglich das Baualter bekannt: 1897. Es gibt keine weiteren Unterlagen. Die Wanddicke beträgt ca. 40 cm. Welche Dämmwirkung weist man der Außenwand dieses Gebäudes zu? Hilfe erhofft man sich von o. g. Regelwerk:

Altbauten U-Werte
Auszug aus den Regeln zur Datenaufnahme von Bestandsgebäuden (Stand 2016)

In der Tabelle finden sich 2 Möglichkeiten, einmal für einen zweischaligen Wand, einmal für eine massive Außenwand. Welchen Wert soll man denn nun nehmen? Ist die Wand zweischalig? Woher soll man das wissen, ohne ein Loch in die Wand zu machen? Kann man nicht, also nimmt man den Wert für einschalige Wände:

U(Außenwand) = 2,8 W/m²K

Und mit diesem Wert rechnet man dann das Gebäude … und rechnet das Gebäude zu einem schlechten Energiestandard, der erstaunlicherweise (?) mit den Verbrauchswerten überhaupt nicht übereinstimmt.

Wie ist die Realität?

Durch eine Messung des U-Wertes bei entsprechenden Randbedingungen (z. B. gleichmäßige Außen- und Innentemperatur, ausreichende Temperaturdifferenz zwischen innen und außen, richtiger Messpunkt u. a.) kann man den U-Wert messtechnisch ermitteln. Das wurde bei der oben gezeigten Wand getan. Hier ein paar Bilder der Messung:

Messung des U-Wertes einer Außenwand
Wärmedurchgangkoeffizienten können gemessen werden – diese Werte sind i. d. R. besser als die Standardwerte der Regelwerke

 

U-Wert Messung mit Testo 635
der maximal gemessene Wärmedurchgangswert ist deutlich kleiner als der Wert gemäß Regelwerk

Das Ergebnis der Messung: Der U-Wert beträgt maximal 0,982 W/m²K. Rechnet man noch einen Sicherheitsbeiwert von 10% hinzu, so erhält man einen U-Wert von 1,1 W/m²K. Dieser Wert beträgt nur 40 % des angesetzten Wertes aus dem Regelwerk. Dementsprechend ist auch der Wärmeverlust nur 40% so hoch. Hier wird also durch den Regelwerk-Wert ein massiver Fehler in den Energieausweis hineingerechnet.

Aber stimmt dieser Messwert wirklich? Eine Öffnung der Wand hat ergeben, dass die Wand tatsächlich 2-schalig ist mit einem Luftspalt. Damit wäre auch nach Regelwerk ein U-Wert von 1,3 W/m²K anzusetzen gewesen. Die Differenz zwischen Messwert und Regelwerk ist nicht groß. D. h., das Problem ist nicht so sehr das Regelwerk als die Tatsache, dass niemand mit Röntgenaugen in die Mauern hineinsehen kann. Man sieht der Wand nicht von außen an, dass sie zweischalig ist….

Doch warum ist es ein Problem, wenn man zu schlechte Werte für den Bestand als Grundlage ermittelt? In der Folge werden für Sanierungen zu dicke Dämmungen, zu hohe Einsparpotentiale, zu günstige Amortisationen etc. ermittelt. Die Realität zeigt dann, dass es ganz anders ist als die Prognose. Und in der Folge berichten ARD und ZDF in ihren Magazinen über die angebliche Lüge der Wärmedämmung… Es ist aber nicht die Lüge der Wärmedämmung, es ist oft die falsche Datengrundlage, die entsprechend zu falschen Ergebnissen führt.

Damit stellt die Messung der U-Werte eine gute Alternative zu den Pauschalwerten der Regeln zur Datenaufnahme dar mit besseren Ergebnissen in jeder Hinsicht. Das Geld für die Mehraufwendungen ist gut investiert, denn dadurch sinken die notwendigen Investitionen, wenn die Dämmung 4 oder 6 cm dünner ausfallen kann als bei dem schlechteren Bestandswert. Nachteil ist sicher, dass diese Messungen nur in der kalten Jahreszeit wirklich zuverlässig ausgeführt werden können.

SCHNEEWEISS ARCHITEKTEN kann für Sie die U-Werte messen und Ihnen so zu zuverlässigen Ergebnissen des Bestands und der notwendigen Dämm-Maßnahmen verhelfen. Damit Ihr Energieausweis den richtigen Kennwert erhält. Damit Ihre Sanierung die notwendigen Dämm-Maßnahmen enthält, aber nicht mehr.

(Aktualisierung Februar 2021)

2 thoughts on “U-Werte messen”

  1. Rainer Kleylein-Sohn
    19. Februar 2022 um 17:22 Uhr

    Habe einen Altbau BJ 1901 Untergeschoß ist mit 50cm starke Vollbacksteinmauer gemauert Obergeschoß wurde 1933 aufgebaut mit 30cm starke Vollbims (Schwemmsteine) Fenster oben BJ 2015 haben einen Uw=1,33 W/m²K .Fenster unten haben einen Uw von1,27 W/m²K. was für einen U-Wert hat die Wand? / U-Wert Wand mit Fenster (Oben wie Unten)? und was für einen Wärmeleitwert hat der Backstein bei 50cm Wandstärke?sowie der Vollbims (Schwemmstein) bei 30cm Wanstärke ?. Mit freundlichen Gruß Rainer Kleylein-Sohn

    1. Bei Ihrem Kommentar gehen ein paar Dinge durcheinander. Der gemischte Bemessungswer k(m,W+F) existiert spätestens seit der EnEV 2002 nicht mehr. Einen U-Wert oder Wärmeleitfähigkeitswert für die genannten Baustoffe anzugeben, geht nicht, da wesentlichen Faktoren nicht bekannt sind: Wie ist die Rohdichte der entsprechenden Baustoffe und mit welchem Mörtel wurde gemauert? Da dies bei Altbauten i. d. R. unbekannt ist, muss man auf „Standardwerte“ zurückgreifen. Diese sind in den Regeln zur Datenaufnahme für Wohngebäude erfasst. Diese Werte sind i. d. R. zu schlecht, weswegen es das im Artikel beschriebene Messverfahren gibt, um hier näherungsweise die richtigen Werte herauszufinden.

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