Ehrenrettung der Kipplüftung

Lüften mit gekippten Fenstern

Die kontrollierte Kipplüftung hat ihre Berechtigung

Von der Verbraucherzentrale wie auch von Mieter- und Vermietervereinen gibt es zum Thema Lüften sehr klare Aussagen. In der Broschüre der Verbraucherzentrale „Richtig heizen und lüften“ heißt es hierzu:

Quer- und Kipplüften
Kurzes Querlüften – also Lüften bei weit geöffneten und gegenüberliegenden Fenstern – ist effektiver als die Fenster während der Heizperiode für längere Zeit angekippt zu lassen. Durch das Kipplüften kühlen Fensternischen nämlich verstärkt aus. Das erhöht den Energieverbrauch, Ihre Heizkosten und das Schimmelpilzrisiko.
(…)
Überprüfen Sie ihr Heiz- und Lüftungsverhalten regelmäßig mit einem Thermo-Hygrometer. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte 60 Prozent nicht übersteigen. Schalten Sie die Heizkörper bei geöffnetem Fenster komplett ab, indem Sie beim Lüften die Heizkörperventile
ganz schließen. Wird das Thermostatventil nicht auf die Nullstellung (Frostsicherung) gedreht, bewirkt die einströmende kalte Luft die Aufheizung des Heizkörpers. Die Konsequenz: Sie heizen direkt nach draußen. (Die Fettmarkierungen sind von mir)
Die Behauptungen sind also:
1. Querlüften ist effektiver.
2. Kipplüften erhöhte durch das Auskühlen der Laibungen das Schimmelrisiko
3. Die relative Luftfeuchtigkeit soll 60 % im Winter nicht übersteigen
4. Beim Kippen der Fenster muss das Heizungsventil geschlossen werden, um einen erhöhten Wärmeverlust zu vermeiden
Diese Aussagen können so nicht aufrecht erhalten werden. Zu verdanken haben wir diese Erkenntnisse Herrn Obermayer von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Damit sieht man, dass die Energieberatung der VZ auch keine statische Angelegenheit ist, sondern einer ständigen Infragestellung und Überarbeitung unterliegt.
Wenn über das Lüften gesprochen wird, so muss geklärt sein, was wir damit eigentlich bewirken wollen. Frische Luft – klar…. aber warum eigentlich.
Es gibt unterschiedliche Situationen:
1. Es gibt ein singuläres Ereignis, das zu schlechtem Geruch (… WC …) oder zu einem stark erhöhtem Feuchtigkeitsaufkommen führt ( … Duschen …)
2. Die Luft ist zu feucht und es soll trockener werden.
3. Die Menschen brauchen ausreichend Zufuhr von Sauerstoff.
Und nun noch zu den Begriffen:
Stoßlüften:
Mit Stoßlüften wird das Lüften bezeichnet, bei dem das Fenster eines Raumes komplett geöffnet wird. Die Zimmertür zu den restlichen Räumen ist geschlossen.
Stoßlüftung – die einzig richtige Art zu lüften?
Querlüften:
Mit Querlüften wird das Lüften bezeichnet, bei dem die Fenster unterschiedlicher Räume geöffnet sind und die Zimmertüren dazwischen geöffnet sind. Dies ist mit komplett geöffneten Fenstern und mit gekippten Fenstern möglich. Es kann auch ein Fenster gekippt und ein Fenster komplett geöffnet sein.
Kipplüften:
Mit Kipplüften wird das Lüften bezeichnet, bei dem das Fenster im Raum nicht komplett geöffnet ist, sondern lediglich gekippt. Die Tür zu den benachbarten Räumen ist geschlossen.
gekippte Fenster – der Albtraum vieler Energieberater – zurecht?
Und nun zum richtigen Lüften bei den unterschiedlichen Situationen.
singuläres Ereignis:
Wenn es schlecht riecht oder man durch Duschen oder Baden in kurzer Zeit die Luftfeuchtigkeit stark erhöht hat, dann ist es sinnvoll, die Luft schnell auszutauschen. Die Hauptaugenmerk liegt also auf der Schnelligkeit. Dazu eignet sich in der Tat das Quer- bzw. auch das Stoßlüften.
zu hohe Luftfeuchtigkeit im Raum:
Bei einer relativen Luftfeuchtigkeit im Raum von 65% darf man sich das nicht so vorstellen, dass die Feuchtigkeit allein in der Luft gespeichert ist. Es ist vielmehr so, dass sich zwischen den Oberflächen eines Raumes und der Luft ein Gleichgewicht eingestellt hat. Sinkt nun die relative Luftfeuchtigkeit so wird Feuchtigkeit aus den Oberflächen an die Raumluft abgegeben. Da sich in den Oberflächen wesentlich mehr Feuchtigkeit speichern lässt als in der Luft, ist innerhalb weniger Minuten die Luftfeuchtigkeit nach einem kurzen Quer- oder Stoßlüften wieder auf dem Niveau von vorher. D. h., wenn man die Luftfeuchtigkeit eines Raumes nachhaltig senken will, muss die Möglichkeit der Raumflächen zur Feuchteabgabe über einen längeren Zeitraum bestehen. Stoßlüften ist als kurzes singuläres Ereignis hierfür nicht geeignet. Kipplüften ist ein wesentlich langsamerer Vorgang, bei dem permanent trockenere Luft in den Raum kommt, so dass die Oberflächen permanent Feuchtigkeit an diese Luft abgeben können. Wichtig ist allerdings auch, dass die Fenster wieder geschlossen werden, wenn die niedrige Luftfeuchtigkeit erreicht ist. Welche Werte sind dabei im Winter anzustreben? Das hängt stark von der energetischen Qualität des Hauses ab. Je schlechter diese ist, desto niedriger sollte die Raumluftfeuchte sein. Das kann im ungedämmten Altbau bei sehr niedrigen Außentemperaturen schon mal lediglich 30 bis 35% sein. Dies sind Werte, die aufgrund der sehr kalten und trockenen Außenluft bei Kipplüftung durchaus erreichbar sind.
Kipplüften - Feuchteabfuhr
Beim Kipplüften ist der Luftaustausch langsamer – dafür wird kontinuierlich Feuchtigkeit abgeführt
ausreichende Zufuhr von Sauerstoff:
Atmen ist ein kontinuierlicher Vorgang. Ideal ist, wenn der Grenzwert für CO2 nicht über 1000 ppm steigt. In der Atmosphäre liegt der CO2-Gehalt bei ca 400 ppm. Da wir kontinuierlich atmen, klingt es nicht nur vernünftig, sondern ist es auch, wenn die Luft in dem Maße erneuert wird, wie wir sie verbrauchen. Beim Stoßlüften ist das nicht so. Erst mal alles verbrauchen und wenn es nicht mehr auszuhalten ist, dann Fenster auf. Na ja, ist wie schwimmen, bei dem man sich solange unter Wasser sinken lässt, bis man kurz vor dem Ertrinken ist, um sich dann wieder an die Oberfläche zu stoßen.  Macht irgendwie auch keiner… Auch hier muss man sich überlegen, ob viele oder wenige Menschen im Raum sind. Nach dem Stoßlüften liegt der ppm-Gehalt von CO2 bei ca. 400, wenn man allein in der Wohnung ist, dauert es recht lange bis der Anstieg auf 1000 ppm erfolgt ist. Sind nun aber viele Menschen in der Wohnung, so dauert es entsprechend kürzer, da kann vorsichtige Kipplüftung durchaus eine Alternative sein…
Das heißt, dass man nicht pauschal sagen kann, dass Kipplüften falsch ist. Im Gegenteil, es gibt gute Gründe für die Kipplüftung. Auch die Befürchtung, dass durch das Kipplüften die Energiekosten stark steigen, konnte bisher nicht belegt werden. Die physikalische Erklärung hierfür ist auch schwer. Denn wenn durch Stoßlüften und Kipplüften letztlich der gleiche Luftaustausch erzeugt wird, warum sollte dann die Energiemenge zum Aufheizen der ausgetauschen Luft ein anderer sein? Ebenfalls wurde nachgewiesen, dass das Auskühlen der Fensterlaibungen durch das Kipplüften ein Vorgang ist, der nach dem Schließen der Fenster in recht kurzer Zeit behoben wird. Diese kurze Zeitdauer ist nicht ausreichend, um Schimmel zu erzeugen.
Wenn Sie jemand brauchen, der noch selber denkt  – SCHNEEWEISS ARCHITEKTEN

23 thoughts on “Ehrenrettung der Kipplüftung”

  1. Hallo Herr Schneeweiß, das freut mich, dass Sie das Thema des Webinars so gut aufgenommen und umgesetzt haben. Meinen Namen können Sie in der Einleitung aber streichen – die Ehre gebührt allein Hermann Obermeyer, der das sehr gut aufbereitet und recherchiert hat. Ich war immer nur sein Sprachrohr, weil er mich frühzeitig überzeugt hatte.
    Gruß Hans Weinreuter

  2. Hallo Herr Schneeweiß,

    danke für Ihren gut und verständlich geschriebenen, ausführlichen Beitrag. Ich möchte zu Beginn meines Kommentars schon mal sagen, dass ich an vielen Stellen anderer Meinung bin, und deswegen etwas anmerken zu zweien Ihrer Hauptargumente: „Denn wenn durch Stoßlüften und Kipplüften letztlich der gleiche Luftaustausch erzeugt wird, warum sollte dann die Energiemenge zum Aufheizen der ausgetauschen Luft ein anderer sein?“ und „Es ist vielmehr so, dass sich zwischen den Oberflächen eines Raumes und der Luft ein Gleichgewicht eingestellt hat. Sinkt nun die relative Luftfeuchtigkeit so wird Feuchtigkeit aus den Oberflächen an die Raumluft abgegeben. Da sich in den Oberflächen wesentlich mehr Feuchtigkeit speichern lässt als in der Luft, ist innerhalb weniger Minuten die Luftfeuchtigkeit nach einem kurzen Quer- oder Stoßlüften wieder auf dem Niveau von vorher. D. h., wenn man die Luftfeuchtigkeit eines Raumes nachhaltig senken will, muss die Möglichkeit der Raumflächen zur Feuchteabgabe über einen längeren Zeitraum bestehen. Stoßlüften ist als kurzes singuläres Ereignis hierfür nicht geeignet. Kipplüften ist ein wesentlich langsamerer Vorgang, bei dem permanent trockenere Luft in den Raum kommt, so dass die Oberflächen permanent Feuchtigkeit an diese Luft abgeben können.“

    Luft nimmt nur dann gut Feuchtigkeit auf, wenn sie warm ist. Das heißt, dass die Luft, die von draußen kommt, erst erwärmt werden muss, und dann noch nach draußen befördert (sonst bleibt die Feuchtigkeit, die sie nach draußen befördern wollen, ja im Raum). Folglich ist der Luftaustausch nicht gleich hoch, sondern muss höher sein, wenn man viel niedrigere Feuchtewerte erreichen will.
    Aber: Das will man vielleicht auch gar nicht unbedingt, und das nicht nur, weil Feuchtewerte unter 40 % eher ungesund sind. Der Prozess des Feuchtigkeitsaustausches zwischen Oberflächen und Luft (sie meinen vor allem Wände und Decken, richtig?) geht ziemlich langsam vonstatten und dürfte wohl kaum innerhalb von ein paar Minuten die Feuchte wieder auf den Wert von vorher heben, wie Sie es sagen. Sie können das vielleicht an einem Marmorkuchen beobachten, der eine ziemlich große Oberfläche (durch poröse Struktur) hat und doch vergleichsweise lange braucht, um auszutrocknen, wenn man ihn einfach auf den Tisch stellt – und in diesem Fall dürfte das treibende Gefälle (also der Unterschied zwischen den Feuchtegehältern der beiden Medien) wesentlich größer sein. Man kann also denke ich schon davon ausgehen, dass das Gleichgewicht erst nach einer ganzen Weile (sprich: Wenn man ohnehin das nächste Mal lüften muss) wiederhergestellt ist – was dann dazu führt, dass die durchschnittliche Feuchtigkeit in der Wand auch eher im Gleichgewicht zum Luftfeuchte-Mittelwert zwischen kurz vor und kurz nach dem Lüften steht, und nicht zum Maximalwert; zumindest dann, wenn sich in der Zeit zwischen den Lüftungsvorgängen mindestens ein Mensch im Raum befindet oder durch eine andere Quelle (Pflanzen, Wäsche, …) Feuchtigkeit eingetragen wird.

    Außerdem vernachlässigen Sie, dass, wenn Sie kipplüften, sich zunächst die Luft in der Nähe des Fensters abkühlt und dort Richtung Boden sinkt – in die Regionen, wo meistens der Heizkörper steht, bzw. zur Fußbodenheizung. Die Heizung muss also fortlaufend sehr kalte Luft erwärmen, die dann teilweise auch wieder nach draußen strömt, und kühlt auch selbst stärker ab. Es wird also mehr Luft von Außentemperatur auf Innentemperatur erwärmt, als wenn schnell die gesamte Luft ausgetauscht wird. Zudem kühlen die Oberflächen in der Nähe der Fenster stärker ab, weil sie länger der Kälte ausgesetzt sind, und müssen wieder erwärmt werden. Letzteres gleicht sich allerdings möglicherweise durch den erhöhten Wärmeverlust der Oberflächen im gesamten Zimmer durch höhere Konvektionsverluste beim Stoßlüften aus.

    Also alles in allem laufen bei beiden Lüftungsarten unterschiedliche Prozesse ab, die nur recht schwer gegeneinander abgewogen können und ohne eine umfangreiche Simulation denke ich nicht so leicht zu beziffern sind. Allerdings bin ich aus den o.g. Gründen eher der Meinung, dass Kipplüften weniger vorteilhaft ist, und sehe mich dann auch darin bestätigt, dass dies die meistverbreitete These ist, was (vermutlich…) auf ebensolchen wissenschaftlich durchgeführten Simulationen beruht.

    Viele Grüße
    Philip

    1. Hallo Philip,
      Ihre Einwände sind vom Kollegen Obermeyer alle untersucht und widerlegt. Die Menge an Feuchtigkeit, die in Oberflächen (Wände, Decken, Möbel, Stoffe, …) gespeichert ist, ist im Vergleich zu dem, was die Luft aufnehmen kann um ein Vielfaches größer. Der Prozess der Feuchteabgabe von Oberflächen an Luft ist zwar langsam, aber nicht so langsam, wie Sie andeuten. Machen Sie einfach den Test: Lüften Sie und schauen Sie, wie schnell die Luftfeuchtigkeit – ohne dass Sie im Raum sind – annähern wieder auf dem Wert von vorher ist…
      Zu dem Einwand, dass Luft nur Feuchtigkeit aufnimmt, wenn Sie warm ist: Das ist sachlich falsch. Die Feuchtigkeitsaufnahme der Luft findet dann statt, wenn die Ausgleichsfeuchte zwischen Material und Luft sich so verhält, dass es ein Ungleichgewicht gibt, bei dem die Luftfeuchtigkeit der Luft entsprechend geringer ist. Das Gleichgewicht zwischen Material und Luft hat weniger was mit Temperatur als mit der relativen Feuchte zu tun. Wenn sich also ein Gleichgewicht zwischen Material und Luft bei einer rel. Feuchtigkeit von 50% eingestellt hat, dann kann die Luft auch kalt sein. Solange die Luft unter 50% rel. Feuchte hat, nimmt sie Feuchtigkeit auf. In einem zweiten Schritt der Betrachtung ist es natürlich so, dass durch das Aufheizen der Luft die rel. Feuchtigkeit der Luft sinkt und damit das Gefälle größer wird. Deswegen ergibt es Sinn mit wärmerer Luft zu arbeiten. Und genau das passiert bei der Kipplüftung. Es kommt kalte Luft in den Raum, diese wird sehr schnell aufgrund der geringen Wärmespeicherkapazität von Luft erwärmt, kann entsprechend viel Feuchtigkeit aufnehmen und geht feuchter wieder aus dem Raum hinaus. Da die Luft zwischen Eintritt und Austritt aus dem Raum ca. 15 bis 30 Minuten braucht (!), besteht tatsächlich die Möglichkeit zur Feuchteaufnahme.
      Ich gebe Ihnen nur in einem Punkt recht: Ihre Ansicht wird oft vertreten und einer schreibt von dem anderen ab. Nicht richtig ist, dass Ihre These wissenschaftlich untermauert ist. Im Gegenteil: Helmut Künzel im Buch „Wohnygine und Wärmedämmung“, November 2016, Fraunhofer IRB-Verlag schreibt, dass für die Abfuhr von Wohnfeuchte die Stoßlüftung wenig hilfreich ist. Um die Feuchte in den hygroskopischen Baustoffen und Einrichtungsgegenständen zu entfernen, bedarf es aufgrund der Sorptionsfähigkeit eher einer kontinuierlichen Lüftung bei gleichzeigier Zufuhr von Wärme zum Zwecke der Verdunstung. Und Helmut Künzel ist der Papst auf diesem Gebiet… 🙂
      Beste Grüße
      Reinhard Schneeweiß

      1. Hallo Herr Schneeweiß,

        ich hatte eigentlich mit einer Mailbenachrichtigung auf eine Antwort gerechnet, mir ist es nun nochmal eingefallen – egal.

        Kurz zu meinem Argument, dass Luft nur Feuchtigkeit aufnimmt, wenn sie warm ist: Damit meine ich vor allem „in nennenswerten Mengen“ – die Wassermenge, die zum Erreichen einer relativen Feuchte nötig ist, ist bei kalter Luft sehr viel kleiner als bei warmer, wie sie ja auch sagen. Aber anscheinend ist das hier ja auch gar nicht relevant – Sie schreiben ja, dass man bei Kipplüftung die eingeströmte Luft zunächst erwärmt, dann befeuchtet und dann nach außen führt. Ich sehe nicht den Vorteil zu einer Stoßlüftung, bei der ich bereits aufgeheizte und mit Feuchte beladene Luft nach draußen befördere. Wie ich schon gesagt habe: Bei Stoßlüftung kann ich wenigstens davon ausgehen, dass die warme Luft, die nach draußen geht, „voll beladen“ ist, bei der Kipplüftung wird sehr viel warme, aber noch nicht „voll beladene“ Luft nach draußen strömen, weil sich wohl durch den langsamen Austausch ein Gefälle im Feuchtigkeitsgehalt der Luft von niedriger rel. Feuchte nahe des Fensters zu hoher rel. Feuchte auf der gegenüberliegenden Raumseite einstellen wird. Ihr Argument „Denn wenn durch Stoßlüften und Kipplüften letztlich der gleiche Luftaustausch erzeugt wird“ aus dem Blogartikel ist, wie ich schon geschrieben habe, meiner Meinung nach nicht haltbar. Sie sind darauf jetzt in Ihrer Antwort nicht nochmal eingegangen.

        Nochmal: Ich möchte eine Masse Wasser x quasi „aus dem Raum entsorgen“. Das einzige Mittel, das ich dafür habe, wenn ich keine Lüftungsanlagen, Luftentfeuchter u.ä. nutzen will, ist die relative Feuchte der Luft. Da es eine maximal erreichbare relative Feuchte der Luft gibt, die durch das Gleichgewicht im Raum bestimmt wird, brauche ich für die Masse Wasser x mindestens eine Masse Luft y. Um möglichst wenig Wärmeenergie dafür aufwenden zu müssen, muss ich dafür sorgen, dass die nach draußen geführte Luft so hoch beladen ist wie möglich – denn all die Energie in der warmen Luft, die nach draußen strömt, kommt aus meinem Heizkörper. Beim Stoßlüften bringe ich jetzt einen Großteil der bereits beladenen Luft aus meinem Raum nach draußen. Beim Kipplüften wird über längere Zeit eben eher nicht beladene, aber dafür schon aufgewärmte Luft aus dem Raum entfernt. Dazu kommt noch, dass beim Kipplüften das Material in der Nähe des Fensters stärker abgekühlt wird und dann später wieder aufgeheizt werden muss – beim Stoßlüften ist das nicht der Fall. Das ist ja auch das meistverwendete Argument dafür, das Kipplüften mehr Heizenergie verbraucht.

        Es mag also sein, dass ab und zu Stoßlüften nicht so viel bringt, weil die Kapazität der dabei austretenden Luftmasse einfach zu gering ist. Dann ist es aber trotzdem mit hoher Wahrscheinlichkeit (leider habe ich das Buch von Helmut Künzel nicht vorliegen und kann daher seine genauen Aussagen nicht nachvollziehen) energetisch(!) sehr viel sinnvoller, eher häufig stoß- als durchgehend kippzulüften. Das ist wohl vor allem im „normalen Wohnbetrieb“ sinnvoll, wenn auf diese Weise die Luftfeuchte in einem 10/20-%-Fenster pendelt (also zwischen minimaler für gesunde Atemluft nötiger und maximaler für die Bauphysik verträglicher Feuchte) und ebenso der sich in gleicher Weise einstellende Feuchtegehalt der Gegenstände im Raum.

        Wenn man jetzt, wie sie sagen, „die Luftfeuchtigkeit eines Raumes nachhaltig senken will“, also (ich denke das meinen sie jetzt) auch die Feuchte in den Materialien deutlich senken möchte, ist es wohl besser, wenn man sich die Mühe macht und kurz querlüftet, die Luft sich wieder erwärmen lässt, und das so oft wiederholt, bis man mit der entstandenen Feuchte zufrieden ist. Der nötige Wärmeaufwand dürfte hier deutlich unter dem bei einer durchgehenden Kipplüftung liegen.

        Außerdem habe ich jetzt mal nach wissenschaftlichen Belegen für die energetische Nachteiligkeit des Kipplüftens gesucht. Fündig geworden bin ich bei Andreas Klesse: „Modellierung und Bewertung unterschiedlichen Nutzerverhaltens in hochwärmegedämmten Einfamilienhäusern“, S. 103 (teilweise verfügbar bei Google Books)

        Bei einer Sache muss ich Ihnen allerdings noch komplett zustimmen: Wenn zB bei einer WG-Party viele Menschen im Raum sind, ist ständiges Stoßlüften wohl eher unsinnig und eher gesundheitsschädlich (durch Zugluft) als heizkostensparförderlich. Da würde ich dann eher die Heizung abschalten, Fenster auf Kipp und Körperwärme als Heizkörper nutzen.

        Diesmal schaue ich früher nach, ob sie geantwortet haben 😉
        Viele Grüße
        Philip

        1. Hallo Philip,
          ich mach die Diskussion öffentlich auf unserem Blog, weil es ja durchaus auch für andere interessant sein kann. Ich hoffe, dass Herr Weinreuther sich noch einschaltet als Urheber der ganzen neuen (?) Betrachtungsweise.
          Aufgrund meienr Terminenge zur Zeit nur eine kurze Stellungnahme:
          Beim Luftaustausch ist die Befüllung der Luft mit Feuchtigkeit egal und auch die Temperatur. Austausch ist Austausch.
          Bei der Abgabe der Feuchtigkeit von Bauteilen / Inventar an die Luft ist das Feuchtigkeitsgefälle entscheidend, und die relative Luftfeuchtigkeit sinkt, je wärmer die Luft wird. Das stimmt. Nun ist aber die Wärmespeicherfähigkeit der Luft äußerst gering, was so viel heißt, dass es nicht viel Energie braucht, um die Luft zu erwärmen. Das kennt jeder, der schon mal nen Fön benutzt hat. Die Luft geht kalt rein und kommt nach 5 cm sehr heiß raus. Die Verweildauer am Heizdraht beträgt dabei nur den Bruchteil einer Sekunde… D. h. die Befürchtung, dass die Luft nicht warm genug sein könnte, ist unbegründet. Damit ist das Gefälle zwischen „feuchten“ Bauteilen und „trockener“ Luft bei einer kontrollierten Kipp-Lüftung maximal, damit ist auch der Feuchtetransport maximal.
          Es gibt allerdings andere Punkte, die im Zusammenhang mit der Kipplüftung noch untersucht werden müssen. Hierzu werde ich demnächst – wenn ich Zeit habe – noch einen eigene Blogbeitrag machen.
          Dies heute nur in aller Kürze
          Beste Grüße
          R. Schneeweiß

          1. Schneeweiß: „Austausch ist Austausch“.

            Dieser Aussage möchte widersprechen. Wenn man einen Putzeimer mit altem Wischwasser wieder auffüllt, indem man einfach frisches Wasser einlaufen lässt, ohne das alte Wasser auszukippen, muss man extrem viel neues Wasser hinzufügen, um das Wasser auszutauschen. Dieser Austausch ist ganz offensichtlich nicht effizient. Dabei tauscht man nämlich viel von dem Wasser aus, welches man gerade erst hinzugefügt hat und welches eigentlich noch unverbraucht ist. Ganz ähnlich ist es beim Kipplüften auch.

            Die Diskussion mit rationalen Argumenten zu führen, ist aber nicht zielführend, weil sie keine Entscheidung hervorbringen kann. Das letzte Wort hat nur die Empirie. Und wenn ich das richtig sehe hat Herr Obermeyer keine empirischen Studien auf wissenschaftlichem Niveau durchgeführt. Um die Lehrmeinung herauszufordern ist das zu wenig.

          2. Hallo Rosenrot (ist das der richtige Name?),
            bitte keine Zitate außerhalb des Kontext nehmen und diese dann zerpflücken. Die Kipplüftung ist eine Möglichkeit für kontinuierlichen Luftaustausch zu sorgen und dabei eine kontinuierliche Feuchtigkeitsabfuhr zu erreichen. Das von Ihnen aufgeführte Zitat bezieht sich darauf, dass bei einem Austausch von 10 m³ Luft es egal ist, ob diese innerhalb von 5 Minuten erfolgen oder innerhalb von 1 Stunde. Wenn Sie 10 m³ frische Luft der „verbrauchten“ Luft auf einmal zufügen, kommt das gleiche raus als wenn Sie die 10 m³ nach und nach der immer besser werdenden Luft zufügen. Können Sie gerne mal nachrechnen. Der Vergleich mit verschmutzten Wasser ist insofern auch falsch, als Luft mit Wasserdampf und CO2 nicht „verschmutzt“ ist. Beim CO2 wird es bei ppm-Werten jenseits der 1200 problematisch und die Feuchtigkeit stellt atemtechnisch erst mal überhaupt kein Problem dar. Es geht hier im wesentlichen um bauphysikalische Vorgänge. Und das wesentliche Problem, das durch kurze Lüftungsintervalle beim Stoßlüften nicht gelöst wird, ist der Feuchteabtransport der in den Oberflächen durch Sorption gespeicherten Feuchtigkeit. Dies sind Vorgänge, die deutlich länger brauchen als 5 Minuten. Den Effekt werden Sie wahrscheinlich schon bemerkt haben. Sie lüften im Winter mit kalter Außenluft, die Luftfeuchtigkeit müsste theoretisch auf 15% sinken, tut sie aber – wenn überhaupt – nur sehr kurzfristig, und 10 bis 20 Minuten nach dem Lüften ist die Luftfeuchtigkeit wieder auf dem Niveau von vorher. Das liegt an der Desorption der Oberflächen. Die Feuchtigkeit, die in Wänden, Möbeln, Vorhängen, etc. gespeichert ist, ist um ein Vielfaches größer als die Feuchtigkeit, die in der Luft gespeichert ist.

            Da Sie Studien ansprechen: Ich kenne auch keine Studie, die das Stoßlüften als die einzig wahre Lüftungsart belegt.

            Ein weiteres Argument für die Entfeuchtungswirkung kontinuierlichen Lüftens sind übrigens die Lüftungsanlagen in modernen Häusern. Diese Anlagen lüften kontinuierlich, mal mehr mal weniger, aber nie gar nicht. Hier macht sich die Wirkung im Winter leider meist in negativer Form bemerkbar, so dass die Luft auf Dauer zu trocken wird und die Bewohner hier im Winter aktiv dagegensteuern müssen durch Befeuchtungsgeräte.

            Als erklärter Anhänger der Aufklärung, halte ich das Führen von Diskussionen mit Argumenten durchaus für zielführend. Eine Studie in diesem Bereich wäre trotzdem sicherlich hilfreich.

            Vielen Dank für Ihren Beitrag!
            Mit freundlichem Gruß
            Reinhard Schneeweiß

  3. Hallo Philip,
    komme gerade von einem Seminar der Verbraucherzentrale zurück, auf dem ich Herrn Obermeyer getroffen habe. Also das Thema Lüften ist eigentlich mit den Ausführungen und den Kommentaren erschöpfend durch. Mir und Herrn Obermeyer fällt da nichts mehr viel ein, was man noch ergänzen könnte.
    Punktuell lüften, wenn viel Feuchtigkeit anfällt. In Räumen, in denen keine Feuchtigkeit anfällt / angefallen ist und sich keiner aufhält, muss gar nicht gelüftet werden. Raumweise lüften bei Bedarf (hohe Luftfeuchtigkeit, zu hoher CO2-Gehalt) und dann eben mit Kontrolle (Hygrometer) und ,wie oben ausgeführt, kann das auch per Kipplüften erfolgen. Das ist dann auch energetisch unproblematisch. Wenn 100 m³ von Temperatur x auf Temperatur y aufgeheizt werden und nach draußen gelüftet werden, dann ist das egal, ob das stoßweise schnell erfolgt oder kipplüftungsweise langsam. Die 100 m³ haben immer den gleichen Energiegehalt. Wenn Sie lieber das Ganze lieber mehrmals hintereinander mit Stoßlüften machen, dann machen Sie das so. Das ist auch völlig i. O. Für die meisten ist das einfach zu aufwändig und denen möchte ich sagen, dass das auch kein Problem ist, dann die Fenster einfach ne Zeitlang auf Kipp zu lassen.

    Beste Grüße
    Reinhard Schneeweiß

    1. Hallo Herr Schneeweiß,

      danke für die erneute Antwort. Ich hatte vergangene Woche das Vergnügen, einen sanierten Altbau besichtigen zu dürfen und war doch erstaunt ob der Maßnahmen, die getroffen werden, um einen „Mindestluftwechsel“ sicherzustellen. Schlitze in den Fensterrahmen, die bei Druckdifferenz Frischluft einlassen, und die Druckdifferenz wird dann über ein Abluftsystem erzeugt, das per Hygrometer geregelt Luft aus dem Zimmer saugt… Sie als Architekt kennen das Prinzip vermutlich, mir war das so jetzt neu und ich finde es doch merkwürdig. Tut auch nicht wirklich was zum Thema bei, aber das war ja ohnehin denke ich abgeschlossen.
      Danke für die nette Diskussion.

      Viele Grüße
      Philip

  4. Sehr geehrter Herr Schneewiß,
    man sieht, dass das Lüften kompliuierter ist, als mancheiner denkt.
    Ich kann Ihre Aussage bestätigen für Räume, in denen sich Personen aufhalten.
    Badezimmervon Berufstätigen sind nicht vergleichbar mit Büroräumen, in denen sich Personen aufhalten oder Wartezimmer von Ärzten oder sogar Klassenzimmern mit Schülern darin.
    Wir (Ingenieurbüro Klimakonzept, Berlin) haben vor ein paar Jahren eine Untersuchenung für die BAuA (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin) gemacht (Forschung Projekt F 2072; Fitzner; Finke: Lüftungsregeln für freie Lüftung) gemacht mit dem Ziel herauszufinden, wie lange man in der Heizperiode mit Kipplüftung behagliche Bedingeungen im Hinblick auf CO2-Konzentration, Lufttemperatur und Zugerscheinugen schaffen kann. Das Ergebnis ist, dass das bei Au0entemperaturen über 5 – 6°C möglich ist, Also etwa in der Hälfte der Heiperiode. Bei tieferen Temperaturen muss zusätzlich Stoßlüftung angewendert werden, wenn die CO2-Konzentrarion auf 1000 ppm gehalten werden soll. Die Heizung darf nicht ausgeaschaltet werden. Der Energieverbrauch ist nicht höher als bei Stoßlüftung.
    Zu Coronazeiten hätte diese Kenntnis viel Infektionen verhindert!
    Es ist auch ein Irrtum, dass es bei Stoßlüftung etwas nützt, die Heizung abzustellen. Selbst Plattenheizkörper haben durch den Wasserinhalt eine so große Trägheit, dass erst nach etwa 15 Minuten eine merkbare Abkühlung eintritt.

    1. Sehr geehrter Herr Fitzner, danke für Ihren Kommentar. Könnten Sie mir Ihre Studie zukommen lassen? Das wäre ein echter Gewinn auch für die Diskussion innerhalb der Energieberatung der Verbraucherzentrale…

  5. Guten Tag,

    das ist ein interessanter Artikel, aber leider auch genauso falsch.

    Meine eigene Beobachtungen, ganz untheoretisch, sondern schlicht aus der Praxis: nach dem Duschen sind in unserem Bad sowohl Fliesenspiegel als auch Fenster beschlagen (letzteres besonders stark). Meine frühere Partnerin hat, ebenso wie ich, nach dem Duschen konsequent kurz stoßgelüftet. In 8 Jahren kam es so zu keinerlei Schimmel. Die Partnerin wechselte irgendwann und die neue Partnerin lüftet nur mit gekipptem Fenster. Bereits nach wenigen Monaten tauchten kleine Schimmelflecken (einzelne Spots) auf. Das hat bei der Dame zwar zur Selbsterkenntnis geführt, dass das Kipplüften nicht wirkungsvoll ist. Seitdem nun wieder stoßgelüftet wird, sind keine neuen Schimmelflecken dazu gekommen.

    Dazu passt auch diese (mehrfache) Beobachtung: wenn stoßgelüftet wird, sind alle Flächen im Bad (also Fliesen und Fenster) nach kurzer Zeit komplett trocken. Die Zeit wurde nicht gestoppt, aber das Fenster ist keine 10 Minuten geöffnet. Wenn nur gekippt wird, ist die Scheibe selbst nach weit über eine Stunde lüften immer noch Beschlagen (weniger Beschlag, ja, aber nicht beschlagfrei).

    Auch die These, dass es energetisch keinen Unterschied ausmacht („Auch die Befürchtung, dass durch das Kipplüften die Energiekosten stark steigen, konnte bisher nicht belegt werden“), ist falsch. Dazu ein etwas themenfremdes Beispiel, dass sich aber gut nachvollziehen lässt und dennoch direkt auf das Lüftungsverhalten übertragen lässt (der Vergleich hinkt also nicht): ich habe eine klassische Espresso-Maschine mit Boiler. Dieser lässt sich konstruktionsbedingt nicht vollständig entleeren, um ein Trockenlaufen der Heizung zu vermeiden. Ca. 1/3 von 1,5l Wasservolumen bleibt immer im Boiler. Nach dem Entkalken (der Entkalker ist eingefärbt), müssen ungefähr 10x 1 Liter Wasser durch den Boiler gefördert werden, bis das Wasser wieder klar ist. Jede „Leerung“ erfordert einen Druckaufbau durch Erhitzen. Ließe sich der Boiler komplett entleeren, müssten nur 1,5 Liter Wasser ausgetauscht und erwärmt werden, statt 10 Liter.

    Wenn bei einem Vergleich zwischen Stoßlüften und Kipplüften mit jeweiliger Verbrauchsmessung die ungefähr gleichen Energieverbräuche ermittelt wurden, dann wurde hier definitiv nicht der gleiche Luftaustausch (im Sinne von Reinheit, siehe Vergleich mit dem Schmutzwasser-Eimer weiter oben) erzielt.

    Und nebenbei bemerkt haben die verschiedensten Aerosol-Versuche der letzten Jahre gezeigt: Kipplüftung bringt mangels Luftaustausch praktisch nichts, um die Aerosole im Raum zu senken (Warum? Siehe Schmutzwasser-Eimer-Vergleich weiter oben). Wozu Energie verbraten, wenn es keinen ausreichenden Effekt hat? Mit Stoßlüften findet ein tatsächlicher Luftaustausch statt, was man im Winter daran merkt, dass es blitzschnell im Zimmer kalt wird. Da die Luft im Gegensatz zu den Wänden kaum Energie gespeichert hat, die Wände beim kurzen Stoßlüften aber nicht nennenswert abkühlen (nachprüfbar mit jedem Infrarot-Thermometer), ist es nach dem Schließen der Fenster auch in wenigen Minuten wieder warm.

    1. Hallo Dominik,
      danke für die ausführliche Anmerkung. Aber wie immer gilt, dass man schon genau lesen muss. 🙂 Bezüglich der Badnutzung mit Duschereignis steht im Artikel eindeutig, dass hier ein Stoßlüften die richtige Variante ist. Beim Energieverbrauch für das Lüften den Vergleich zur Luftreinheit zu machen ist inhaltlich m. E. halbrichtig. Wir starten ja nicht von einem kontaminierten Raum, sondern mit einem sauberer Luft. Wenn diese also kontiniuierlich kontaminiert (Nutzung) wird und deswegen auch kontinuierlich erneuert wird (Kipp-Lüftung), dann ist der Reinheitsgrad hoch. Wenn ich erst warte, bis ich nicht mehr atmen kann und dann stoßlüfte, dann habe ich im Schnitt schlechtere Luft. Es ist zudem etwas widersprüchlich, wenn einerseits der Energieverlust durch das Kipplüften ins Feld geführt wird und gleichzeitig behauptet wird, dass Kipplüften nicht funktioniert …

  6. Hallo,

    zu Energieverlust kommt es bei beiden Lüftungsvarianten, ganz besonders bei klassischen Heizkörpern direkt unterhalb des Fensters. Die warme Luft steigt auf und zieht durch den Kamin-Effekt zum Fenster raus. Bei vollständig geöffnetem Fenster ist dies natürlich stärker, aber die Zeit beim Stoßlüften ist nur ein Bruchteil, daher energiesparender.

    Die unzähligen pandemiebedingten Aerosol-Versuche haben klar gezeigt, dass selbst dauerhaft gekippte Fenster nicht reichen, um den Aerosolgehalt der Luft niedrig zu halten, so lange nicht mit gegenüberliegend (gekippt) geöffneten Fenstern gelüftet wird. Liegen die Fenster in einer Reihe (oder es ist gar nur eines), findet ein Luftaustausch nur in unmittelbarer Nähe des Fensters statt, der Rest des Raumes wird praktisch nicht gelüftet. Vor dem Fenster bildet sich ein Kreislauf: die warme Luft steigt auf, zieht zum Fenster raus, kalte Luft kommt rein, fällt mit nicht mal einem halben Meter Abstand fast senkrecht zu Boden, wird dort durch die abgestiegene Warmluft zum Heizkörper gesogen, erwärmt sich, steigt auf und zum Fenster raus, usw…

    Der Luftaustausch im übrigen Raum ist sehr gering, wenn die Luft nicht auch durch gegenüber liegende Öffnungen quer strömen kann oder durch umhergehende Personen umgerührt wird. Der Effekt der im Kreis rollenden Luft ist auch bei vollständig geöffnetem Fenster nachweisbar, allerdings hat die Rolle einen vielfach größeren Durchmesser und der Effekt ist generell nur sehr schwach ausgeprägt. Die einströmende Luftmenge ist viel größer als die Heizleistung des Heizkörpers (jedenfalls bei den heute üblichen Vorlauftemperaturen) schnell genug zu erwärmen vermag. Daher kann sich der Kreislauf nur ganz schwach aufbauen, so dass der Raum ganz gelüftet wird.

    Natürlich ist auch bei vollständig geöffnetem Fenster querlüften besser, als nur ein Fenster zu öffnen.

    Aufgrund dieser Erkenntnisse ist die klare Ansage (an Schulen etc.): Fenster nicht kippen, sondern regelmäßig quer Stoßlüften. Nur so findet ein effektiver Luftaustausch statt, bleiben der Aerosolgehalt niedrig und die Räume warm.

    Viele Grüße

    Dominik

    1. Hallo Dominik,

      bevor Sie weiter mit Ihrem sicherlich gut gemeintem autodidaktischen Wissen die Kommentarfunktion füllen, lesen Sie einfach folgende Studie

      Lüftungsstudie

      Ihre Aussagen sind bestenfalls halb richtig, wenn nicht noch weniger. Ich kann es nicht ändern. (Einen Klassenraum mit 30 Schülern mit einem Wohnraum mit 1 bis 4 Nutzern zu vergleichen, erscheint mir sachlich fragwürdig.)

      Mit freundlichem Gruß
      Schneeweiß

      1. Hallo Schneeweiß,

        Ihre Argumentation ist ziemlich dünn und gerade weil Sie mit ihrer Meinung gegen den Storm schwimmen, sollten Sie das doch besser hinbekommen, falls Sie jemanden überzeugen wollen. Aber so ist es halt mit den Selbstdenkern der heutigen Zeit…

        Zu Ihrer Aussage „Denn wenn durch Stoßlüften und Kipplüften letztlich der gleiche Luftaustausch erzeugt wird, warum sollte dann die Energiemenge zum Aufheizen der ausgetauschten Luft ein anderer sein?“
        – weil beim Stoßlüften nur die in der Luft gespeicherte Wärme nach draußen fließt. Die in den Bauteilen gespeicherte Wärme bleibt erhalten und kann nach dem Lüften wieder an den Raum abgegeben werden. Das macht sich vor allem im Sommer bemerkbar, wenn man die Wärme nicht haben will. Wer nur in den kühlen Abendstunden einmal stoßlüftet, wird es am morgen immer noch oder eher wieder warm haben. Bei einer konstanten Nachtlüftung über gekippte Fenster können aber auch die Wände und Decken abkühlen, sodass es auch morgens bzw. nach dem Schließen der Fenster noch kühl ist, Stichwort „thermische Speichermasse“.

        Hier noch ein Zitat dazu aus der von Ihnen verlinkten Studie:
        „Das Lüftungsintervall ist an die Feuchte- und Schadstofffreisetzung anzupassen. Dabei
        wird das Prinzip „so viel wie nötig, so wenig wie möglich“ anzuwenden sein. Wird jedoch
        das Fenster in der Heizperiode dauerhaft auf Kipp gestellt, oder länger als notwendig geöffnet, führt dies i.d.R. zu größeren Wärmeverlusten im Vergleich zu der errechneten, notwendigen Stoßlüftung. Größere Lüftungswärmeverluste haben höhere Heizkosten zur
        Folge.“

        MfG
        L.W.

        1. Hallo L. W. 🙂
          (wenn Sie sich Ihrer Sache so sicher wären, wäre es sicherlich auch kein Problem mit Ihrem ganzen Namen aufzutreten.)
          Es handelt sich zum Glück nicht um ein „Selberdenken“ von mir, sondern um Untersuchungen des Kollegen Obermeyer, der sich recht intensiv mit den Dingen beschäftigt. Desweiteren ist der Effekt des höheren Energieverbrauchs durch Kipplüften dann gegeben, wenn die Luftmenge, die ausgetauscht wird, größer ist als die beim Stoßlüften. Da viele Menschen zu wenig lüften, tritt dieser Effekt tatsächlich auf. Ein Fehlverhalten als Argumentationshilfe zu nehmen ist allerdings schwierig. Allerdings kann man beim Kipplüften die erforderlich auszutauschende Luftmenge – gerade in der jetzigen kalten Jahreszeit – schnell überschreiten, da der Kippwinkel u. U. zu groß ist und dann zu viel Luft ausgetauscht wird. Um Ihr Beispiel des Schlafzimmers zu nehmen. Wenn Sie hier das Fenster im Winter bei 0°C dauerhaft auf Kipp stellen mit > 10 cm Öffnung oben, dann ist der Luftaustausch mit Sicherheit deutlich zu groß. Hier würde wahrscheinlich ein Spalt von lediglich einem Zentimeter oder sogar weniger reichen, um den erforderlichen Luftaustausch zur Sauerstofferneuerung herzustellen.
          Wenn Sie den Artikel aufmerksam gelesen hätten, dann hätten Sie auch verstanden, dass es im Wesentlichen beim Kipplüften um den Effekt der Entfeuchtung geht. Viele Wohnungen weisen eine deutlich zu hohe Luftfeuchtigkeit auf. Diese ist kurzfristig über ein Stoßlüften nicht zu senken, da die hohe Luftfeuchtigkeit oft das Ergebnis der Ausgleichfeuchte zwischen Oberflächen und Luft ist. Da die Menge des in den Oberflächen gepeicherten Wassers ein Vielfaches der Menge Wasser in der Luft ist, gibt es 2 Alternativen: richtig dosiertes Kipplüften zum Feuchteabtransport bis die Luftfeuchtigkeit stimmt oder Stoßlüften alle 20 Minuten und regelmäßige Kontrolle, ob sich die gewünschten Luftfeuchtigkeiten dann langfristig einstellen.
          Mit den besten, energiesparenden Grüßen
          Reinhard Schneeweiß

  7. Die Verbraucherzentrale hat am 26.1.2023 folgende Pressemitteilung veröffentlicht:
    Sinnvoll heizen und lüften, um Schimmel zu vermeiden
    Die Energiepreise in Deutschland stagnieren, bleiben aber auf hohem Niveau. Sparen ist das Gebot der Stunde – in der kalten Jahreszeit insbesondere bei den Heizkosten. Um Schimmel in Wohnräumen zu vermeiden, sollte jedoch auf ein sinnvolles Heiz- und Lüftungsverhalten geachtet werden. Die Energieberatung der Verbraucherzentrale erläutert geeignete Maßnahmen.
    Schimmelpilz in Wohnräumen ist nicht nur ein ästhetisches Problem, sondern kann auch zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Oft erkennen wir die zu hohe Feuchtigkeit an diesen Orten erst, wenn es bereits zu spät ist. Ein Hygrometer und konsequentes Lüften kann helfen das Risiko zu verringern.
    Lüften ist nicht gleich lüften
    Stoßlüften mit weit geöffneten Fenstern ist optimal, um die Luft, die beispielsweise durch unangenehme Gerüche in Küche oder Toilette entsteht, schnell auszutauschen.
    Anders sieht es bei der Feuchtigkeit aus, die nach dem Duschen, Baden, Kochen oder Schlafen entsteht, da in den Wandoberflächen, Handtüchern, Matratzen oder Bettdecken noch weiterhin Feuchte gespeichert ist. Hier ist es besser, einmal komplett durchzulüften und anschließend das Fenster zwei bis drei Stunden auf Kipp zu lassen, damit diese „Sorptionsfeuchte“ rausgeht. Der damit verbundene Energieverlust ist gering, solange die Fenster nicht rund um die Uhr gekippt sind. Der Raumtrocknungseffekt dagegen ist deutlich größer als beim dreimaligen Stoßlüften wie Messungen zeigen. Die Behauptung, dass bei längerem Kipplüften die Wände auskühlen, gilt nur für die Fensterlaibungen. Das ist jedoch unkritisch, da diese Laibungen während des Lüftens auch gleichzeitig deutlich trockener werden. Schimmel in Fensterlaibungen ist in erster Linie ein Wärmebrücken- und kein Kipplüftungsproblem.

    Luftfeuchte ist nicht gleich Luftfeuchte
    Um zu erkennen, ob ein Raum zu feucht ist, hilft ein Hygrometer in Kombination mit einem Thermometer. Die optimale Luftfeuchte hängt auch von der Bausubstanz und der Dämmung ab.
    In einem ungedämmten Altbau sind 25 bis 45 Prozent an relativer Luftfeuchte in Ordnung; bei einem super gedämmten Neubau dürfen es 35 bis 55 Prozent sein. Man muss dabei aber immer die Raumtemperatur mit betrachten, denn kältere Luft kann weniger Feuchte aufnehmen.

    Um Energie einzusparen kann man die Raumtemperaturen absenken, entscheidend ist aber das ausreichende Lüften und die Kontrolle der Feuchtigkeit in den Räumen.
    Wichtig ist auch, die Türen zwischen unterschiedlich beheizten Räumen geschlossen zu halten, so dass feuchte Luft nicht in kühlere Wohnräume wandert und ein Schimmelproblem verursacht oder verschärft. Decken Sie Heizkörper nicht durch Verkleidungen, Möbel oder Vorhänge ab. Nur so ist die Leistung des Heizkörpers voll nutzbar und das Thermostatventil kann optimal funktionieren. Wählen Sie zudem für jeden Raum die richtige Temperatur:
    – im Wohnzimmer und in der Küche reichen 19 bis 21 °C;
    – im Bad sollten es 21 bis 23 °C sein,
    – während im Schlafzimmer 18 °C für einen angenehmen Schlaf sorgen.
    Nachts und tagsüber, wenn niemand zu Hause ist, können Sie die Temperatur insgesamt senken. Wie stark man die Temperatur absenken kann, hängt davon ab, wie hoch das Feuchteniveau in der Wohnung ist. Je trockener die Wohnung ist, umso niedriger kann die Temperatur sein. Daher sollte man die Luftfeuchte und -temperatur stets zusammen betrachten, am besten mit Hilfe eines Thermo-/Hygrometers, der beide Größen gleichzeitig anzeigt.
    Tipp: Heizen Sie kühle Räume nicht mit der Luft aus wärmeren Räumen, und halten Sie Innentüren zwischen unterschiedlich beheizten Räumen stets geschlossen. Sonst gelangt die Feuchtigkeit als Wärme in den kühlen Raum, und die relative Luftfeuchte und das Schimmelrisiko steigt.
    Bei Fragen zum gesunden Raumklima hilft die Energieberatung der Verbraucherzentrale mit ihrem umfangreichen Angebot weiter. Die Beratung findet online, telefonisch oder in einem persönlichen Gespräch statt. Unsere Energie-Fachleute beraten anbieterunabhängig und individuell. Mehr Informationen gibt es auf http://www.verbraucherzentrale-energieberatung.de oder bundesweit kostenfrei unter 0800 – 809 802 400. Die Energieberatung der Verbraucherzentrale wird gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.

  8. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass eine Kipplüftung nicht gut die Luft austauscht, aber sehr gut und schnell die Feuchtigkeit zwischen innen und außen ausgleicht. Wenn ich also feuxhte Raumluft habe, die ich trockener bekommen möchte, ohne die Temperatur zu stark zu senken, dann kippe ich die Fenster für 15 Minuten und die Temperatur ist nur um 2 Grad gesunken, die Feuchtigkeit aber um über 10 Prozent (wenn sie schon bei 60 oder mehr Prozent war) oder mindestens um 5 Prozent (wenn sie nicht allzu hoch war). Stoßlüften und vor allem Querlüften tue ich, um Gerüche raus und Sauerstoff rein zu bekommen, aber selten zum reduzieren von Feuchtigkeit, abgesehen vom Badezimmer, aber da haben wir eh eine automatische Lüftung mit Feuchtigkeitssensor. Ich habe auch in jedem Zimmer ein Thermo-Hygrometer hingestellt, um alles immer im Blick zu haben und keinen Schimmel zu riskieren.

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