Seit Jahren wird beobachtet und beklagt, dass die Sanierungsquote im Gebäudebestand viel zu gering ist. Trotz werbewirksam propagierter Förderprogramme der Bundesregierung lässt sich der Häuslebesitzer nicht zu großen Investitionen verleiten. Nachfolgende Grafik und der dazugehörige Kommentar verdeutlichen die Situation eindrücklich.
„Ein genauer Blick auf den IWU/BEI-Datensatz zeigt, dass vorrangig Einzelmaßnahmen bei Modernisierungen durchgeführt werden. Im Zeitraum 2005 bis 2010 wurde bei 3,2 Prozent des Gebäudebestandes bis 2004 entweder eine der vier oben genannten Dämmmaßnahmen oder eine Heizungsmodernisierung vorgenommen – zwei Maßnahmen gleichzeitig jedoch nur noch bei 1,0 Prozent. Alle fünf Maßnahmen werden schließlich nur noch von jährlich 0,1 Prozent der Eigentümer durchgeführt. Das zeigt, dass Teilsanierungen die Regel sind. Hauptgrund hierfür dürfte neben Gebäudeanforderungen die mangelnde Liquidität der Eigentümer sein.“
(Quelle: http://www.iwkoeln.de/de/infodienste/Immobilien-Monitor/beitrag/energetische-sanierung-quote-ohne-aussagekraft-69302)
Die Grafik zeigt, dass die Förderprogramme nur einen bescheidenen Anteil an den energetischen Sanierungen hatten. Vor diesem Hintergrund veranlassen die geplanten Neuregelungen der KfW zum 1. März 2013 zu großer Sorge.
Ein externer Sachverständiger soll nun neben der fachlichen Richtigkeit der Maßnahme zusätzlich die Bestätigung der förderfähigen Kosten und die Bestätigung über sonstige Fördergelder rechtsverantwortlich unterschreiben. Die Folgen:
- Das Verhältnis zwischen Bauherr und Energieberater ändert sich: War der Energieberater bisher der technische Sachwalter des Bauherrn wird er nun zum Kontrolleur. Er soll prüfen, ob dieser auch steuerlich und fördertechnisch alles richtig macht und nicht 1 € zu viel kassiert. Welcher Bauherr möchte den Energieberater für diezusätzliche Augabe auch bezahlen? Und welcher Energieberater möchte zum Kontrolleur seines Bauherrn werden?
- Die Berufshaftpflicht-Versicherungen lehnen den Versicherungsschutz für genau diese Tätigkeit ab. Angesichts des strafrechtlich und zivilrechtlich hohen Risikos (hinsichtlich Subventionsbetrug) bleibt die Frage, welche Energieberater eine solche Unterschrift auf eigenes Risiko noch leisten wollen?
Dass durch diese beabsichtigte Änderung der KfW-Förderregularien die geförderten Maßnahmen zurückgehen ist mehr als wahrscheinlich. Ob die Bundesregierung nach der Änderung der Förderbedingungen überhaupt noch Sanierungsmaßnahmen initiieren kann, bleibt abzuwarten. Ein nützlicher Beitrag zur Energiewende ist diese Neuregelung der KfW mit Sicherheit nicht.
Doch auch vor dieser letzten Änderung war nicht alles rosig. Die Förderung basiert auf einem gesetzlichen Irrsinn, der beispielhaft an den zahlreichen Änderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) seit 2002 zu erkennen ist. Seit 2002 gab es 4 Veränderungen, geplant waren sogar 5. Zusätzlich kam noch u.a. ein für den Neubau relevantes Gesetz, das Erneuerbare Energien Wärme Gesetz (EEWärmG), das parallel zur EnEV gilt. Diese hektischen Änderungen führten in der baulichen Realität zu Verwirrung und Desinteresse. Gleichzeitig wurde hinsichtlich der Umsetzung und Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben kein funktionierendes Kontroll-Instrumentarium aufgebaut. Die Regelungen der EnEV bleiben damit insbesondere bei der Bestandssanierung wirkungslos, da sie keiner umsetzen will und es auch keiner kontrolliert. Bereits in der EnEV 2002 wurde gefordert, dass zugängliche ungedämmte Heizungs- und Warmwasserrohre inkl. Armaturen gedämmt werden müssen. Dies ist eine sehr kostengünstige und effiziente Maßnahme. Dass dies trotzdem in vielen Häusern heute noch nicht passiert ist, ist ein offenes Geheimnis.
Ein Grundproblem der Förderung von Altbausanierungen durch die KfW ist die Orientierung am Neubaustandard: Die Berechnungen hierfür und die korrekte Umsetzung sind sehr kompliziert. Für größere Projekte und bei professionellen Bauherren mag die Akzeptanz dieser zusätzlichen Berechnungen und Planungen mit den dazugehörigen Kosten größer sein. Im Verhältnis zum Gesamtprojekt fällt hier der Mehraufwand auch nicht wirklich ins Gewicht. Bei kleinen Bauten ist der Aufwand im Verhältnis zur Bausumme allerdings relativ groß. Und die Akzeptanz solcher Kosten beim Bauherrn geht gegen Null. Dies sei am Beispiel der Wärmebrückenberechnung erläutert. Die Anzahl der Wärmebrücken ist bei einem kleinen Einfamilienhaus (EFH) nahezu gleich wie bei einem großen Wohngebäude (MFH). Beispielsweise kostet bei einem MFH die Wärmebrückenberechung 1500,- € bei einer Investitionssumme von 700 000,- €, bei einem EFH dagegen 1200,- € bei einer Investitionssumme von 200 000,- €. D. h, dass diese Regelung private Bauherrn bzw. Sanierer deutlich stärker trifft als die großen Investoren. Aber gerade im Altbaubereich sollten vor allem Ein- und Zweifamilienhäuser – also relativ kleine Objekte – Ziel der Sanierungsbemühungen der Bundesregierung sein, da hier das größte Einsparpotential ruht.
(vgl. Weiß/Vogenpohl: Politische Instrumente zur Erhöhung der energetischen Sanierungsquote bei Eigenheimen)
Daraus ergeben sich grundlegende Forderungen an Gesetzgebung und Förderinstituten:
- Vereinfachung der Berechnungsmethodik, um die Nebenkosten der Förderung zu vermindern
- Differenzierung der Berechnungsmethodik zwischen kleinen und größeren Bauvorhaben mit dem Ziel den zusätzlichen Planungs- und Verwaltungsaufwand für kleine Objekte zu reduzieren
- langfristig verlässliche Gesetzgebung und Zusammenführung der verschiedenen parallel existierenden Gesetze
- Einführung flächendeckender Kontrollmechanismen in Form eines Marktwächters Energie zum Nutzen der Endverbraucher und als Evaluationsinstrument der Gesetzgebung.
Energiewende kann nur mit dem Bürger und nicht gegen ihn funktionieren.
Umweltmagazin Saar 1/2013,
Inlay des Energiewendevereins