fragwürdiges Heizungskonzept

Fußbodenheizungen haben einen höheren Aufbau und reagieren träge
Fußbodenheizungen haben einen höheren Aufbau und reagieren träge

Fußbodenheizung im Neubau

Die Trägheit einer Fußbodenheizung ist in energetisch hochwertigen Gebäuden kritisch

„Als Heizung haben wir uns eine Fußbodenheizung vorgestellt.“ Mit dieser Vorgabe sind wir bei vielen Bauvorhaben konfrontiert. Dahinter steht der Wunsch nach Behaglichkeit. Doch ist dies bei Neubauten mit dem bekannt hohen Dämmstandard denn nötig? Und ist dies sinnvoll?

Einen Hinweis auf die Zweckmäßigkeit von Fußbodenheizungen im sehr gut gedämmten Neubau könnte der Vergleich mit den Passivhäusern bieten. Kennen Sie ein Passivhaus, das als „Notheizung“ auf das Mittel der Fußbodenheizung zurückgreift? Sicher nicht. Und trotzdem ist der Wärmekomfort eines Passivhauses sehr hoch. Woran liegt das?

Das Kennzeichen für die Wärmeabgabe und die daraus sich entwickelnden Oberflächentemperturen sind die Wärmedurchgangkoeffizienten (U-Werte) der jeweiligen Bauteile. Im Neubaubereich sind Werte von 0,15 bis 0,24 W/m²K üblich. Nehmen wir den ungünstigsten Wert, dann stellen sich bei -5°C Außentemperatur und 20°C Innenraumtemperatur eine Wandoberflächentemperatur von ca. 19,2 °C ein. Diesen sehr kleinen Unterschied zwischen Luft- und Oberflächentemperatur nehmen wir gar nicht wahr und dementsprechend empfinden wir das Temperaturgefüge im Raum als sehr angenehm. Die empfundene Temperatur ist ungefähr die Lufttemperatur.

Warum hat man dann (früher) eine Fußbodenheizung gemacht? Früher waren die Häuser nicht gut gedämmt und wir hatten deutlich höherer U-Werte von 1,2  und noch größer. Dadurch entstehen bei den o. g. Randbedingungen Oberflächentemperaturen von unter 16.1°C. Diesen Temperaturunterschied nehmen wir wahr. Dementsprechend sinkt die empfundene Temperatur deutlich ab auf ca 18°C. Wenn man nun die Oberflächentemperatur eines Bauteils künstlich anhebt, z. B. durch eine Fußbodenheizung, dann steigt auch die empfundene Temperatur an, so dass man wieder auf ca. 20°C kommt. Doch bei einem gut gedämmten Haus ist das nicht nötig. Im Gegenteil, im Neubau wird durch eine Fußbodenheizung die empfundene Temperatur deutlich über 20°C ansteigen, so dass es vielen schon zu warm werden dürfte.

Ein weiteres Problem der Fußbodenheizung ist deren Trägheit. Im Frühjahr und im Herbst haben wir mit stark unterschiedlichen Situationen zu tun. Innerhalb weniger Stunden kann das Wetter von kalt und nass auf sonnig und trocken wechseln. Zu dieser Jahreszeit steht die Sonne sehr tief, so dass der Wechsel zwischen Sonne oder bewölkt direkt zu einer starken Änderung des Energieeintrags ins Haus durch die Fenster führt. Die Luft im Haus heizt sich in kurzer Zeit deutlich auf. Die Heizung schaltet dementsprechend ab. Das interessiert die Fußbodenheizung allerdings nicht, denn diese ist aufgrund ihrer Masse so träge, dass dieses Abschalten sich erst Stunden später bemerkbar machen wird. Doch dann ist die Sonne vielleicht schon wieder weg. Damit ist eine Fußbodenheizung ziemlich ungeeignet in einem sehr gut gedämmten Haus auf diese unterschiedlichen Witterungssituationen angemessen zu reagieren.

Auch hinsichtlich der Energieeffizienz ist zu beachten, dass die höchste Systemtemperatur bei einer Fußbodenheizung in der Konstruktion liegt. Das heißt, dass die Wärme von dieser Stelle sowohl nach außen als nach innen transportiert wird. Um den Transport nach außen zu minimieren, ist unmittelbar unter der Fußbodenheizung eine ausreichend dicke Wärmedämmung vorzusehen, ansonsten wird nicht nur der Estrich aufgeheizt, sondern auch noch die Rohbetonplatte. Die Folgen für die Trägheit des Systems sind offensichtlich. Die Folgen für den zusätzlichen Wärmeverlust über die Bodenplattenränder sind zudem deutlich, so dass dies bei einer EnEV-Berechnung zusätzlich berücksichtigt werden muss.

Vor diesem Hintergrund ist in den meisten Fällen kritisch zu hinterfragen, ob eine Fußbodenheizung tatsächlich das beste System zur Beheizung des sanierten Alt- oder des Neubaus darstellt.

Wenn es um sinnvolle Energie- und Heizungskonzepte geht, fragen Sie uns. SCHNEEWEISS ARCHITEKTEN berät Sie unabhängig und zielorientiert in allen Fragen von Energieeffizienz und Barrierefreiheit.

 

2 thoughts on “fragwürdiges Heizungskonzept”

  1. Guten Tag,
    auf der Suche nach Informationen zum Thema teilweiser Dämmung habe ich einen Ihrer Beträge gefunden und mit großem Interesse auch andere Beträge gelesen. Dabei bin ich auch auf diesen gestoßen, der mich etwas irritiert.

    Das Tolle an Flächenheizungen, speziell im Neubau, wo man alle Aufbauten kennt, ist doch, dass die Systemtenperaturen sehr klein halten kann. An typischen Wintertagen, weit über der Norm-Außentemperatur (NAT) reichen bei sorgfältiger Planung der Verlegeabstände oft unter 30 °C.
    Die resultierende Oberflächentemperatur liegt nur minimal über der Raumtemperatur. Dadurch tritt ein Selbstregelungseffekt ein. Wird eine Heizfläche vond er Sonne erwärmt, kann die Heizung gar keine Wärme mehr abgeben und wird bei laufender Pumpe sogar Wärme aufnehmen und in andere Bereiche verschleppen, was einem starken Überheizen von Räumen mit hohem Solarertrag entgegenwirkt. Das gleiche gilt auch für die beliebten Schwedenöfen, die vorallem wegen ihrer Ästhetik und der Wirkung der Flammen gerne gebaut werden. Wird ein Raum damit beheizt, wird er sich sehr schnell aufheizen und die FBH keinen Anteil mehr am Wärmeeintrag
    Voraussetzung ist selbstverständlich eine möglichst geringe Vorlauftemperatur, welche mit Wärmepumpen ohnehin anzustreben ist.

    Mich würde interessieren, ob Sie Ihre Ansichten zur FBH nach wie vor verteten?

    1. Hallo Herr Wöhrer,
      ich könnte es kurz machen und einfach schreiben: Ja, ich bleibe dabei.
      Ich versuch es aber etwas ausführlicher.
      Auch wenn denn die Übertemperatur eine FBH idealerweise sehr gering im Vergleich zur Zieltemperatur des Raumes ist, so muss sie doch vorhanden sein. Wir sprechen vom Herbst/Frühjahr. Da ist die Zieltemperatur 21°C, der Vorlauf der FBH muss zumindest 23, wahrscheinlich eher 24°C haben, um eine Heizwirkung zu erzielen. Verfolgt man nun den Gedanken, dass der Raum Energie an die Fußbodenheizung abgeben soll, dann müsste umgekehrt die Raumtemperatur wiederum ein paar Grad über der Temperatur der FBH liegen. Also bei 26 oder 27°C. Dies ist natürlich wenig komfortabel, sondern geht eher in Richtung Sauna.
      Ein Weitertransport von Wärme von dem einen Raum in den nächsten würde zudem nur dann funktionieren, wenn die Zimmer nacheinander bedient würden. So war es früher bei Einrohrsystemen üblich. Diese Systeme werden aufgrund ihrer schlechteren Regelbarkeit nicht mehr gebaut und bei Fußbodenheizungen werden sie auch nicht gebaut. Damit ist auch der physikalische Ansatz schwierig. Wäre der Rücklauf wärmer als der Vorlauf infolge von Überhitzung würde die Heizung einfach den Betrieb einstellen, weil offensichtlich keine Wärmeanforderung mehr besteht.
      Desweiteren ist es so, dass eine Heizung selbstverständlich so nicht geregelt ist. Eine raumweise Heizungsregelung – und das ist Standard – schließt die Ventile, wenn die Zieltemperatur erreicht wird. Ein Weitertransport von Übertemperaturen findet nicht statt.
      Eine Fußbodenheizung ist i. d. R. in eine ca 7 cm dicke Zementestrich-Schicht eingebettet. D. h., bevor ein überhitzter Innenraum (wer will sowas?) Wärme an die Heizungsrohre im Estrich abgeben kann, müsste der gesamte Estrich aufgeheizt werden. Das dauert ein paar Stunden.
      Sie sehen, dass dieser lustigen These des Fußbodenheizungsverfechters sowohl physikalische als auch physiologische als auch regelungstechnische Gründe entgegenstehen.
      Das Hauptargument gegen eine FBH im energieeffizienten Neubau bleiben:
      – die Trägheit mit den damit verbundenen Komforteinschränkungen
      – die unnötig hohen Kosten

      Nun ist die Frage, wie verträgt sich das alles mit einer Wärmepumpe? Eine Wärmepumpe hat umso höherer Jahresarbeitszahlen/SCOP, je geringer die Vorlauftemperatur ist. Die Alternative im hoch wärmegedämmten Wohnhaus – und so wird es in Passivhäusern i. d. R. auch ausgeführt – ist die Beheizung über eine Luft-Luft-Wärmepumpe. Aufgrund des sehr geringen Wärmebedarfs ist der Energiegehalt, der über die Luft in den Raum abgegeben werden kann, bei Passivhäusern meist ausreichend. Sollte dies nicht der Fall sein, dann behilft man sich mit Elektrodirektheizungen. Da letztere nur im absoluten Ausnahmefall aktiv wird (die Erfahrung zeigt: meist nie) ist das eine kostengünstige Notabsicherung für Extremwetterlagen.

      Wenn man ein Haus baut, das zwar energetisch gut, aber nicht passivhausähnlich ist, dann wäre die Alternative über ausreichend große Heizkörper zu arbeiten, die mit eine Vorlauftemperatur von 50°C oder etwas niedriger auskommen. Diese Temperaturen werden von Wärmepumpen inzwischen problemlos geliefert bei recht hohen JAZ von 4 und mehr. Die dadurch etwas geringere Effizienz gegenüber der Fußbodenheizung wird wirtschaftlich durch die wesentlichen Kosteneinsparungen durch den Verzicht auf eine Fußbodenheizung mehr als wettgemacht. Es gibt auch spezielle WP-Heizkörper aus Aluminium bzw. mit eingebauten Ventilatoren, die noch niedrigere Vorlauftemperaturen zulassen. Diese sind allerdings recht teuer.

      Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen

      Mit freundlichem Gruß
      Reinhard Schneeweiß
      SCHNEEWEISS ARCHITEKTEN

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