barrierefrei ist kontrastreich

Weiß auf Weiß ist nicht barrierefrei

Kontrastreiche Gestaltung hilft Menschen mit Sehschwäche

An unserer Hochschule kamen wir nach den Sommersemesterferien eines Tages in unser Gebäude und plötzlich waren alle Raumnummern und Beschriftungen weg…  Na ja…  Nicht ganz… Einer unserer Professoren hatte die Idee, die Zahlen und Namen in weißen Lettern auf die weißen Türen und Wände zu kleben. Als „normal“ Sehender konnte man nach einer gewissen Eingewöhnungsphase diese feinen Unterschiede erkennen. Doch einfach war es nicht. Nun ist das über 25 Jahre her und damals war „barrierefreies Bauen“ noch nicht wirklich gängig bzw. im öffentlichen Bewußtsein. Heute ist das zum Glück anders, zumindest theoretisch. Die Frage heute ist also: Wie soll sich in einer solchen Umgebung ein Mensch zurechtfinden, dessen Sehkraft aufgrund Veranlagung, Alter, Krankheit oder Unfall eingeschränkt ist? … na, gar nicht … so ist das leider

Wenn auch prinzipiell im privaten Bereich gar nichts dagegen spricht alles Ton in Ton zu gestalten, so ist dies beim barrierefreien Bauen ein „No go“. Barrierefrei bezieht sich unter anderem eben auch auf Menschen mit Einschränkungen im visuellen Bereich. Und machen wir uns nichts vor. Im Alter sind wir alle Menschen mit Sehbehinderung– ab 40 fängt es mit der Lesebrille an und meistens bleibt es nicht dabei. Besonders interessant wird es allerdings dann, wenn man explizit ein öffentliches – und damit barrierefreies –  Gebäude plant und dann folgendes baut:

weiße Aufzugstür in weißer Wand
eine weiße Aufzugstür in einer weißen Wand ist für Menschen mit Sehbehinderung nicht zu erkennen

Die Aufzugstür ist weiß, die Wand ist weiß, das Bedienungstableau ist nicht zu erkennen. Der Fachbegriff hierfür ist „weiße Wolke“. Das wäre so, als wenn die Schrift jetzt plötzlich auf hellgrau wechselt: Diesen Text kann man dann nur noch mit Mühe oder gar nicht lesen. Für „normal“ Sehende alles kein Problem, doch  Menschen mit eingeschränktem Sehvermögen sehen noch nicht mal, dass da was ist. Wenn sie Glück haben, ist der Schattenwurf der Türnische so stark, dass sie etwas erahnen können. Durch ein farbliches Absetzen der Wand oder durch einen andersfarbige Aufzugstür wäre das Problem beseitigt. Die gleiche Anforderung an ausreichendem Kontrast gilt in barrierefreien Gebäuden für alle Bedienelemente wie Schalter, Steckdosten, Briefkästen etc. Das kostet nicht mehr, man muss nur rechtzeitig darüber nachdenken.

Doris Schütz von SCHNEEWEISS ARCHITEKTEN ist Sachverständige für Barrierefreies Bauen. Die derzeit einzige im Saarland. Das gesamte Leistungsspektrum erfahren Sie auf barrierefrei.saarland

 

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