Wärmebrückenberechnung bei hoch wärmegedämmten Häusern

Dramatische Verschlechterung des U-Wertes durch pauschale Zuschläge

Vermeidung unnötiger Dämmstärken durch Wärmebrückenberechnung

Der Begriff Wärmebrücke ist inzwischen halbwegs bekannt. Viele bezeichnen diese auch als „Kältebrücke“, was zumindest physikalisch falsch ist. Gleichwohl beschreibt das Wort „Kältebrücke“ das, was auf der inneren Oberfläche des Bauteils passiert. Es ist kälter. Dieser Effekt hat im baulichen Bereich verschieden Ursachen, z. B. die Geometrie oder die Baustoffe. Typisches Beispiel der Geometrie ist eine Außenecke. Bei einer Außenecke steht der großen Wärme abgebenden Fläche eine deutlich kleinere innere Wärme aufnehmende Fläche gegenüber. Dadurch sinkt die Oberflächentemperatur. Solche Effekte gibt es an einem Gebäude in vielfacher Form. Um diesem Effekt Rechnung zu tragen, gibt es bei der Berechnung des Wärmeschutznachweises für die Energieeinsparverordnung und/oder das KfW-Effizienzhaus 3 Möglichkeiten:

pauschaler Zuschlag zum berechneten Wärmedurchgangskoeffizient (U-Wert) aller Bauteile von 0,1 W/m²K. D. h., dass jedes Bauteil um 0,1 W/m²K schlechter gemacht wird als es eigentlich berechnet ist.

vermindeter pauschaler Zuschlag zum berechneten U-Wert aller Bauteile von 0,05 W/m²K. D. h., dass jedes Bauteil um 0,05 W/m²K schlechter gemacht wird als es eigentlich berechnet ist. Voraussetzung hierfür ist, dass man sich an die Konstruktionsvorgaben des Beiblatt 2 der DIN 4108 hält und diese genauso bzw. gleichwertig in Planung und auf der Baustelle in Realität so umsetzt. Dieser verminderte pauschale Zuschlag darf also nicht einfach so angenommen werden.

detaillierte Wärmebrückenberechnung: Bei dieser Variante werden alle Wärmebrücken des Hauses berechnet. Dies sind Außenecken, Anschlüsse von Innenwänden an Außenwände, Anschlüsse von Decken an Außenwände, Übergang der Außenwand an die Dachkonstruktion, Anschlüsse der Fenster an die Wände usw. usf. – Hört sich nach viel Aufwand an. Ist es auch.

Da nun viele Bauherren die Kosten für die Berechnung der Wärmebrücken „sparen“ wollen, leben sie lieber mit einer dickeren Wärmedämmung als Ausgleich für den pauschal verschlechterten U-Wert. Was das konkret bedeutet, sieht man hier.

Grafik U-Wert - Verschlechterung WB-Zuschlag
Der U-Wert verbessert sich mit zunehmender Dämmstärke nur noch geringfügig – die Verschlechterung durch den WB-Zuschlag wird prozentual immer gravierender

Die Grafik richtig zu lesen, ist etwas anspruchsvoll. Ein Beispiel: Eine heute übliche Dämmstärke bei Außenwänden beträgt 20 cm. Dies ergibt einen rechnerischen U-Wert von 0,17 W/m²K. Wenn man nun den pauschalen Zuschlag für Wärmebrücken von 0,1 W/m²K hinzuaddiert, erhält man eine wärmetechnische Qualität von 0,27 W/m²K für diese Außenwand. Dies entspricht dem Rechenwert einer Außenwand von ca 12,5 cm Dämmung. Dieser Vergleich ist natürlich nur dann richtig, wenn man bei der geringer gedämmten Außenwand eine Wärmebrückenberechnung mit einem rechnerischen Ergebnis des Zuschlags von 0,0 W/m²K durchführt.  Das ist möglich und je nach Detailplanung sogar nicht unüblich.

Das heißt, man kommt auf das rechnerisch gleiche Ergebnis bei einer Außenwand mit 20 cm Außenwanddämmung ohne Wärmebrückenberechnung wie bei einer Außenwand mit 12,5 cm Außenwanddämmung mit optimierten Wärmebrücken und detaillierte Berechnung. Ist es jetzt finanziell sinnvoller, sich die Wärmebrückenberechnung zu sparen?

Jeder zusätzliche Zentimeter Wärmedämmung kostet zwischen 1,5 € bis 3 €/m² (Stand Januar 2018). Bei einem Einfamilienwohnhaus mit 150 m² Außenwandfläche bedeuten diese 8 cm Unterschied damit einen Baukostenersparnis von 1800 bis 3600 € netto. Dafür kann man relativ viele Wärmebrücken berechnen. In der Folge hat man dünnere Außenwände und mehr Wohnraum. Insbesondere im Mehrgeschosswohnungsbau ist dies für Investoren ein durchaus wichtiges finanzielles Argument.

Noch interessanter wird die Fragestellung, wenn man ein Effizienzhaus gemäß Richtlinien der KfW haben möchte. Um die sehr strengen Werte der KfW zu erreichen sind U-Werte von 0,17 W/m²K und niedriger effektiv inkl. Wärmebrückenzuschlag zu erreichen. Möchte man diesen niedrigen Wert trotz pauschalem Zuschlag von 0,1 W/m²K erreichen, müsste die Wanddämmung statt 20 cm unglaubliche 47 cm dick sein. Die Mehrkosten für diese unnötig dicke Dämmung lägen dann bei 40 bis 80 € je Quadratmeter ausgeführte Wanddämmung. Dafür lassen sich sehr viele Wärmebrücken berechnen.

Kurz und gut: Je höher das angestrebte energetische Niveau sein soll, umso sinnvoller ist es eine Wärmebrückenberechnung durchführen zu lassen, um unnötige Kosten für zu dicke Dämmungen zu vermeiden.

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