Zunächst sollten wir uns klarmachen, was das Ziel der Energiewende ist: Der CO2-Ausstoß ist um 80 % bis 2030 zu reduzieren. Das ist die Prämisse. Und jetzt schauen wir uns das bei der Wärmepumpe mal an:
Die Primärenergiekennzahl gem. GEG für Strom liegt bei 1,8. Die für Gas bei 1,1. Das heißt, damit eine Wärmepumpenheizung genauso gut (nicht besser!) wie eine Gasheizung ist, benötigt sie eine Jahresarbeitszahl von 1,64 (1,8/1,1). Wir hätten aber gerne eine Primärenergiekennzahl, die 80% besser ist als jetzt, Ziel ist also eine Primärenergiekennzahl von 0,22 (0,2 * 1,1 = 0,22). Das würde heißen, dass die Wärmepumpe eine Jahresarbeitszahl von 8,18 (1,8/0,22) haben müsste, um damit ohne weitere sonstige Maßnahmen Energiewendeziele zu erreichen. Das ist technisch unmöglich. Egal mit welcher Wärmepumpe.
Der Einwurf, dass die Primärenergiekennzahl für Strom in den nächsten Jahren sinken wird, wird vor allem auf einen Sommereffekt (PV + Wind) zurückzuführen sein. Im Winter fällt die Photovoltaik fast komplett aus. Die aktuellen Zubauraten von Windenergie werden bei derzeit steigendem Strombedarf keine wesentliche Veränderung des Strommixes ermöglichen. (s. hier auch den Blogbeitrag Strom für die Wärmepumpe)
In dem Artikel auf tagesschau.de „Alternativen zur Gasheizung“ steht, dass Wärmepumpen ab einer Vorlauftemperatur von 50°C eine Alternative wären.
Hier sieht man, wie sich die Vorlauftemperatur auf die COP der Wärmepumpe auswirkt
COP ist immer deutlich besser als die Gesamtbetrachtung über das Jahr. Und auch hier sieht man, dass die deutlich höhere Vorlauftemperatur die COP um 2 Punkte reduziert zwischen 35°C und 50°C Vorlauftemperatur.
Um in die Förderung der BAFA zu kommen, werden folgende berechnete JAZ verlangt
- Wärmequelle Luft: 3,5
- Wärmequelle Erde: 3,8
Es handelt sich um berechnete Werte gem. Kurzberechnungsverfahren VDI 4650 Blatt 1. Die Realität kann abweichen.
In verschiedenen Feldversuchen wurden folgende reale JAZ ermittelt
- Wärmequelle Luft: 2,65
- Wärmequelle Erde: 3,5
Wir können also festhalten, dass eine Wärmepumpe allein die ökologischen Ziele der Energiewende nicht erreicht. Mit einer JAZ von 2,65 hätte man theoretisch eine primärenergetische Verbesserung von 38 %. Das ist doch ein recht überschaubares Ergebnis. Da kann man auch die Kellerdecke, die oberste Geschossdecke dämmen und die Fenstergläser austauschen. Dann noch Heizungsoptimierung mit einer Gasbrennwertheizung und man kommt primärenergetisch auf fast das gleiche Ergebnis. Die Investitionen dürften sich ungefähr die Waage halten. Mit dem Unterschied, dass man das Energieniveau des Hauses gesenkt hat und kein zusätzliches Stromkraftwerk erforderlich ist. Wirklich ändern würde man allerdings nur etwas, wenn man auch die größten Flächen eines Hauses mit einbezieht. Die Außenwand und das Dach. Dann wird es aber eben auch teuer.
Kommen wir zum Ökonomischen (Stand 7.2.2022):
Ich habe für mein Privathaus mal einen Ökostrom-Wärmepumpentarif bei naturstrom eingegeben. Und das unter den unrealistischen Voraussetzungen einer JAZ von 3. Ergebnis: die kWh wird mir für 40,8 Ct angeboten.
Aktueller Gastarif bei ESLL als Neukunde: 7,7 ct/ kWh + Grundtarif. Gehen wir einfach von 8,5 Ct/kWh aus. Um ökonomisch gleichzuziehen, müsste die Wärmepumpe damit eine JAZ von 4,6 haben. Das ist technisch mit hohen Vorlauftemperaturen nicht möglich.
Jetzt kann man halt auch nicht regenerativen Strom nehmen. Günstigster Tarif Vattenfall 35,7 Ct/kWh + Grundgebühr. Dann wäre die minimale JAZ bei 4,0. Technisch auch nicht möglich unter den o. g. Bedingungen. Und selbst im Neubaubereich bei optimalen Randbedingungen oft nicht die Realität.
Das heißt. Ein Wechsel zu einer Wärmepumpe ist für den Kunden teurer als beim Gas zu bleiben.
Nicht berücksichtigt ist zudem die Auswirkung der zunehmenden Elektrifizierung der Gesellschaft. Stromautos + Stromheizungen + Stromstahlerzeugung + Strom… Durch diese Elektrifizierung steigt der Strombedarf. Momentan stagniert aber der Ausbau erneuerbarer Energien. Im Endeffekt bedeutet das, dass die CO2-Bilanz des Stroms im besten Fall gleich bleibt, es kann sein, dass sie sogar schlechter wird.
Wo sollen all die Kraftwerke stehen? Und wer soll die Kraftwerke bezahlen, die nur im Winter laufen und im Sommer keiner braucht?
Nicht berücksichtigt ist zudem, dass im Winter der Strommix eben nicht zu 2/3 aus regenerativen Energien besteht. Das sieht man hier:
In den Herbst- und Wintermonaten gibt es Tage und auch Wochen, in denen 50 % aus regenerativer Energie kommen, aber sehr oft ist es eben nicht der Fall. Da wird der Strom überwiegend von Öl, Gas und Kohle erzeugt.
Ich halte es für fatal und für das völlig falsche Signal, wenn Vertreter der Verbraucherzentrale entgegen offensichtlicher Fakten, die Wärmepumpe als „Universal“-Lösung präsentieren. Das ist sie nicht.
Gesellschaftliches Ziel muss es sein, das Energieniveau insgesamt zu senken. Wir leben alle auf einem zu hohen energetischen Level.
Was ich damit meine: Es hilft nichts, wenn wir das Benzinauto mit 6l/100 km durch ein E-Auto mit 20 kWh/100 km ersetzen. Das ist ökologisch kein Gewinn. Das E-Auto dürfte nur 7 kWh/100 km verbrauchen. Erst dann wäre der primärenergetische Effekt um 80% reduziert. Das geht nur, wenn das Auto kleiner und leichter wird. Ein Tesla ist keine ökologische Revolution, schon auf der Verbrauchsseite nicht, die Herstellung mal völlig außen vor gelassen.
Das Büro SCHNEEWEISS ARCHITEKTEN hat sich der Energiewende verschrieben, auch wir entwickeln uns immer weiter und bilden uns fort. Das schließt technische Neuerungen und Neuentwicklungen mit ein. Aber unsere Erfahrung ist es, dass man immer dann misstrauisch werden sollte, wenn jemand „einfache“ Lösungen verspricht. Das Thema ist komplex, und die Antworten müssen wohlüberlegt sein. Lassen Sie sich vom Profi beraten.
(Dieser Artikel entstand mit technischer Beratung durch EUA Ingeniurbüro Helmut Pertz)