Flachdach oder Satteldach?
Technik und Gestaltung von Dächern unterscheiden sich stark – was soll man wählen?
Die meisten Menschen denken bei einem Dach immer noch an Schrägdächer in Form von Sattel-, Walm-, Krüppelwalm-, Mansard- oder Pultdächern. Angesichts der Tatsache, dass eine der Hauptaufgaben eines Daches die Ableitung von Wasser ist, ist eine schräge Ebene auch durchaus eine sinnvolle Antwort. Schräge Dächer werden i. d. R. als „Leichtbau“ ausgeführt. Die tragende Konstruktion bilden dabei Sparren und Pfetten, beides sind eine Art von Holzbalken. Zwischen, auf und unter diese kommen dann die verschiedenen Funktionsschichten des Daches:
- Wasserführende Ebene in Form von Dachsteinen oder Dachziegel
- Luftschicht zum Abtransport von Feuchtigkeit, bestehend aus Lattung und Konterlattung
- Unterspannbahn bzw. Unterdeckbahn zur Abführung von Wasser, das die Ziegelebene durchdringt
- Auf-, Zwischen- und/oder Untersparrendämmung zur Erreichung des winterlichen und sommerlichen Wärmeschutzes
- Dampfbremse zur Vermeidung von Kondensatausfall in der Konstruktion
- Innenverkleidung
Man erkennt bei dieser groben Aufstellung, dass ein Schrägdach ein komplexes, inhomogenes Bauteil ist, bei dem viele Bauteile mit Sachverstand zusammengefügt werden müssen. Dabei sind die technischen Ansprüche in den letzten 60 Jahren stark gestiegen. Die Elemente „Konterlattung, Unterspannbahn, Dampfbremse, Dämmung“ spielten vor 60 Jahren keine oder nur eine sehr untergeordnete Rolle. Damals bestand ein Dach aus Ziegeln und Sparren und evtl. einer Innenverkleidung. Im Sommer war es unter dem Dach heiß und im Winter kalt. Ein modernes Dach ist ein technisch komplexes Bauteil aus vielen verschiedenen Funktionsschichten, die mit großem Sachverstand gefügt werden müssen.
Doch schon vor annähernd 100 Jahren hat das Bauhaus das Schrägdach in Frage gestellt. Die technischen Anforderungen können es damals nicht gewesen sein.
Was war es dann? – Die Funktionalität! Die Nutzbarkeit
Der Raum unter dem Dach war und ist entweder gar nicht genutzt oder mit erheblichen Nutzungseinschränkungen verbunden, die Folge der unterschiedliche Raumhöhen sind. Dass dies einen wesentlichen Einfluss auf die Nutzbarkeit hat, zeigt sich z. B. auch bei der Wohnflächenberechnung, bei der Flächen mit einer Höhe unter 1 m gar nicht als Wohnfläche gerechnet werden und Flächen zwischen 1 und 2 m nur zu 50% als Wohnfläche vermietbar sind.
Bei einem Flachdach hat man überall die gleiche Raumhöhe, alles ist zu 100% nutzbar, keine Sondermöbel sind erforderlich, die Räume sind flexibel nutzbar.
Die Flachdachkonstruktionen können dabei ähnlich wie die eines Schrägdachs sein. Wenn ein Flachdach als Holzkonstruktion angelegt wird, so sind die technischen Anforderungen allerdings eher noch größer als beim Schrägdach. In den meisten Fällen besteht ein Flachdach aber aus folgenden Elementen (von unten nach oben):
- Betondecke
- Dampfbremse
- Dämmebene
- Abdichtungsebene
- (Kiesschicht)
Der schichtenweise Aufbau ist technisch vergleichsweise einfach, trotzdem muss auf eine sorgfältige Ausführung Wert gelegt werden. Die Fehlertoleranz eines Flachdachs geht in der Standardausführung gegen Null.
Die negativen Erfahrungen mit Flachdächern aus den 1960er und 1970er-Jahren aufgrund der damals gemachten Fehler wirkt bis heute nach. Hier kam es immer wieder zu Undichtigkeiten. In den Anfangsjahren war man vielleicht etwas arg positiv der neuen Technik über eingestellt. So wurden tatsächlich Dächer ohne jegliches Gefälle mit den damaligen Materialien und auch meist unterdimensionierten Abläufen ausgeführt. Hier konnten schon kleinere Material- und Verarbeitungsfehler zu immensen Schäden im Wohngeschoss darunter führen. Aus diesen Erfahrungen hat man allerdings sehr schnell gelernt. Die heutigen Abdichtungsmaterialien verspröden nicht mehr, die Dampfsperren funktionieren und echte Nullgefälledächer werden nicht mehr gebaut, jedes Flachdach hat ein minimales Gefälle.
Eines der zentralen Problem von Flachdächern ist, dass eindringendes Wasser sich in der Dämmebene großflächig verteilen kann und an einer völlig anderen Stelle in den Wohnraum austreten kann. Dies macht die Fehlersuche recht schwer. Diesem Problem kann aber durch spezielle Verlegetechniken entgegengewirkt werden, so dass eindringendes Wasser tatsächlich nur in dem Bereich gehalten wird, in dem es eintritt. Ein solches Dach wird „Kompaktdach“ genannt.
Welches Dach soll man nun bevorzugen?
Oft wird durch den Bebauungsplan bereits eine Dachform vorgegeben, so dass sich die Frage gar nicht mehr stellt. Zudem hat es mit Sicherheit auch etwas mit den persönlichen Vorlieben des Bauherrn zu tun. Manche bezeichnen Häuser mit Flachdach als „häßliche Kisten“, andere sehen darin ein Ausdruck der Moderne. Angesichts der Anforderungen an die Luftdichtigkeit kann man heute nicht mehr behaupten, dass ein Schrägdach technisch einfacher umzusetzen ist. Auch hinsichtlich der Kosten-Nutzen-Analyse stehen den etwas höheren Kosten des Flachdachs auch mehr nutzbare Wohnfläche gegenüber. So bleibt es zu guter Letzt eine Frage der persönlichen Vorliebe und des Gestaltungskonzepts. Und nicht zuletzt hier kommt dann der Rat des Architekten ins Spiel. SCHNEEWEISS ARCHITEKTEN – wir helfen Ihnen weiter