Mindestschallschutz nach DIN 4109 hat nichts mit Komfort zu tun
Was hört man, wenn man nach allgemein anerkannten Regeln der Technik baut?
„Schallschutz nach aktuellem Stand.“ Solche, oder ähnliche kryptischen Formulierungen findet man in Bau- und Kaufveträgen von Häusern, Wohnungen und Immobilien. Fragt man die Käufer, was sie glauben, dass sie da unterschrieben haben, sieht man in ratlose Gesichter. Verkäufer, Bauträger und manche Architekten glauben, dass sie mit dieser Formulierung die DIN 4109 vereinbart hätten.
Bauen muss man in Deutschland nicht nach DIN-Normen, sondern nach den realen Vereinbarungen zwischen den Parteien. Wenn es diese nicht gibt, so sind die sogenannten allgemein anerkannten Regeln der Technik (aaRdT) einzuhalten. Parallel hierzu sind selbstverständlich die öffentlich rechtlich geforderten Mindeststandards einzuhalten. Letztere sind aber nicht gleichbedeutend mit den aaRdT.
Leider ist festzustellen, dass gerade bezüglich des Schallschutzes keine expliziten Vereinbarungen in Bau- und Kaufverträgen festzustellen sind. Die Schallschutznorm DIN 4109 stammt in der aktuellen Fassung aus dem Jahr 1989. Ist das dann aaRdT? Guckt man in die Vorbemerkung der Norm, so findet sich zur Qualität des Schallschutzes ein wichtiger Hinweis:
Die DIN 4109 (1989) beschreibt zum Niveau der Anforderungen im Absatz „Anwendungsbereich und Zweck“ der Norm: „… sind Anforderungen an den Schallschutz mit dem Ziel festgelegt, Menschen in Aufenthaltsräumen vor unzumutbaren Belästigungen durch Schallübertragung zu schützen“. Weiter heißt es: „Aufgrund der festgelegten Anforderungen kann nicht erwartet werden, dass Geräusche von außen oder aus benachbarten Räumen nicht mehr wahrgenommen werden. Daraus ergibt sich insbesondere die Notwendigkeit gegenseitiger Rücksichtnahme durch Vermeidung unnötigen Lärms.“
Ist der Schutz vor „unzumutbaren Belästigungen“ gleichzusetzen mit dem Niveau, das man als Käufer oder Bauherr bei einem Neubau erwartet. Kunden und Bauherren sehen das i. d. R. nicht so. Wie sieht es die Fachwelt?
Die DEGA e. V. hat hierzu das Memorandum 101 verfasst. Darin finden sich nur sehr wenige Punkte, bei denen die Gesellschaft feststellt, dass die DIN 4109 NICHT die aaRdT wiedergibt. Auf die Darstellung der Abweichungen wird in diesem Blog verzichtet. Wichtig ist nur, dass in der Beurteilung der Sachverständigen und der Gerichte offensichtlich die DIN 4109 mit ihrem Schutz vor unzumutbaren Belästigungen als aaRdT (in den meisten Fällen) herangezogen wird, um den geschuldeten Schallschutz zu beurteilen.
Was bedeutet dieser Schutz vor „unzumutbaren Belästigungen“ konkret? Auch hierzu gibt es eine Tabelle seitens der DEGA e. V. , bei der versucht wird, normale Wohnereignisse hinsichtlich ihrer Hörbarkeit bei einem Schallschutz nach DIN 4109 zu beschreiben:
Schallereignis | Schallschutzniveau DIN 4109 |
laute Sprache | einwandfrei zu verstehen, deutlich hörbar |
angehobene Sprache | teilweise zu verstehen, im Allgemeinen hörbar |
normale Sprache | im Allgemeinen nicht verstehbar, teilweise hörbar |
Sehr laute Musik | sehr deutlich hörbar |
Laute Musik | sehr deutlich hörbar |
Normale Musik | sehr deutlich hörbar |
Wasserinstallationen, Urinieren | hörbar |
Betätigungsspitzen | deutlich hörbar |
Nutzergeräusche bei normaler Handhabung | deutlich hörbar |
Gehgeräusche | deutlich hörbar |
Spielende Kinder | sehr deutlich hörbar |
Haushaltsgeräte | sehr deutlich hörbar |
Sieht man sich diese Tabelle an, dann wird klar, dass das wohl selten den Erwartungen an einen Neubau entspricht. Umso wichtiger ist es, dass gerade zum Schallschutz konkrete Vereinbarungen getroffen werden. Technisch möglich ist deutlich mehr als die DIN 4109 vorgibt. Und Schallschutz nachzubessern ist entweder nicht möglich oder sehr sehr teuer. Wer nicht im Nachhinein das Nachsehen haben will, sollte sich vorher beraten lassen. Wir helfen Ihnen gerne – SCHNEEWEISS ARCHITEKTEN