Ist Heizen mit Holz ökologisch und CO2 -neutral?
In früheren Blogbeiträgen wurde hier die Pelletheizung als ökologische Alternative dargestellt, die als quasi klimaneutral zu betrachten ist. Nach einem Auftritt beim Saartalk musste ich mich massiver Kritik stellen, die mich dazu veranlasste das Thema „Heizen mit Holz“ nochmals intensiver zu betrachten.
Holz setzt nur soviel CO2 frei, wie es vorher gespeichert hat
Das ist richtig, aber belanglos. Denn auch Kohle, Gas und jeder andere Brennstoff setzt nur soviel CO2 frei, wie er vorher gespeichert hat. Was damit von einigen gemeint ist, dass Holz ja nachwächst und damit das freigesetzte CO2 quasi wieder einfängt. Diese Betrachtungsweise ist nicht falsch, aber auch nicht ganz richtig. Es stellen sich da ein paar Fragen:
- Warum ist durch Holz freigesetztes CO2 anders als durch Gas freigesetztes CO2? Sprich: warum kann man nicht sagen, dass das von der Gasverbrennung freigesetzte CO2 durch nachwachsende Bäume gespeichert wird? Da gibt es keine vernünftige Erklärung. Es ist dem wachsenden Baum ziemlich egal, ob das CO2 vorher durch einen Artgenossen oder durch die Verbrennung von Öl oder Gas freigesetzt wurde. Ebenso ist es der Atmosphäre egal, woher das CO2 kommt.
- Diese Betrachtungsweise geht davon aus, dass wir in einer ausgeglichenen Situation sind. Wir verbrennen soviel Holz wie nachwächst und damit ist alles gut. Aber sind wir in einer solchen Situation? Nein, sind wir nicht. Wir sind in einer Situation, in der von Jahr zu Jahr der CO2-Gehalt der Luft zunimmt und zunimmt. Vor diesem Hintergrund ist es erforderlich, dass am besten gar kein zusätzliches CO2 freigesetzt wird, damit die vorhandene Biomasse den CO2-Gehalt der Luft wieder reduzieren kann. Wenn also jetzt CO2 freigesetzt wird, so müsste dieses durch zusätzliche Absorption (z. B. in Form von Biomasse/Bäumen) wieder eingefangen werden, um als tatsächlich klimaneutral betrachtet zu werden. Betrachtet man diesen Ansatz, so ist die Zuwachsmenge an Holz nur halb so groß wie die Menge an Holz, die verbrannt wird. Dementsprechend kann real nur der Hälfte des Holzes unter diesem Ansatz „Klimaneutralität“ attestiert werden. Deswegen stellt sich die Frage, warum Holzverbrennung generell in den Berechnungsnachweisen als primärenergetisch nicht relevant betrachtet wird?
Der CO2-Ausstoß der Holzverbrennung ist quasi Null
Auf diese Idee könnte man kommen, wenn man sich die Primärenergiefaktoren im Gebäude-Energie-Gesetz anschaut. Der Primärenergiefaktor von Holz liegt bei 0,2, der von Gas oder Öl bei 1,1. Der Primärenergiefaktor sagt aber gar nichts über den tatsächlichen CO2-Ausstoß aus, sondern ist eine Bewertung, wie hoch der primärenergetische „Schaden“ ist. Da ist also eine Bewertung drin, bei der sich die Lobby der Holzheizungen offensichtlich gut positioniert hat. Die tatsächlichen CO2-Werte beim Verbrennen sind folgendermaßen:
Holz: ca. 395 g CO2/kWh
Steinkohle: ca. 354 g CO2/kWh
Heizöl: ca. 279 g CO2/kWh
Erdgas: ca. 201 g CO2/kWh
Es zeigt sich, dass nüchtern betrachtet der CO2-Ausstoß von Holzverbrennung je Wärmeeinheit sogar am größten ist. Nun kommt noch ein anderer Aspekt dazu. Wie viel der Energie des Brennstoffs kommt denn im Heizsystem an? Dies wird auch als Wirkungsgrad bezeichnet. Dazu kann man folgende Orientierungswert für neue (!) Heizungen geben. (Die nachfolgenden Werte beziehen sich auf den Heizwert des jeweiligen Brennstoffes, deswegen sind Werte über 100 % möglich. Der Brennwert eines Brennstoffes liegt je nach Brennstoff 5 bis 12 % höher…)
Heizungsart | Wirkungsgrad |
Gasbrennwert | 100 – 111 % |
klassische Gasheizung | 85 – 93 % |
Ölbrennwert | 102-106 % |
Ölheizung | 70 – 90 % |
Pelletkessel | 85 – 103 % |
Scheitholzkessel | 80-95 % |
Für ältere Holzheizungen wie z. B. offene Kamine sinkt der Wirkungsgrad auf 30% und bei alten, unsanierten Kachelöfen liegt der Wirkungsgrad eher bei 50 bis max. 70 %. Alles was zu 100 % fehlt, das geht als Energie einfach zum Schornstein raus und heizt die Umwelt, aber nicht das Haus. Günstige Baumarktöfen sind ebenfalls kritisch zu betrachten. Diese sind oft so billig gebaut, dass bereits nach den ersten Nutzungen Dichtungen kaputt sind oder Türen nicht mehr richtig schließen. Damit sinkt die Effizienz erheblich und ein immer größerer Teil der Energie wird ungenutzt in die Atmosphäre gepustet.
Systemverluste für Wärmetransport im Haus etc. sind in der oben dargestellten Tabelle noch nicht drin. Da nun Holzheizungen generell schlechter abschneiden als Öl- und Gasheizungen ist der CO2-Ausstoß je Kilowattstunde effektive Wärme im Haus noch höher im Vergleich zu Gas- und Ölheizungen.
Sind Holzheizungen deswegen alle unökologisch? Jein. Wenn für das Holz im Ofen ein Baum gefällt wird, der sonst hätte stehen bleiben können, dann ist es unökologisch und auch nicht CO2 – neutral (s. oben). Es wird dem Ökosystem ein lebender Baum entnommen, der nach dem Fällen kein CO2 mehr aufnehmen kann und zusätzlich wird eine große Menge CO2 in die Atmosphäre gepustet. Bei Pellets sieht es etwas anderes aus. Pellets können – und gemäß Aussage des DEPI ist das in Deutschland zu 90 % der Fall – aus Sägespänen gemacht werden, die als Abfall anderer holzverarbeitender Prozesse entstehen. Sprich: Ein Baumstamm wird zu Bauholz verarbeitet, dabei fallen Sägespäne an. Diese könnte man nun wieder in den Wald kippen. (Das macht aber realistisch gesehen keiner.) Dort werden diese Sägespäne zersetzt und setzen dabei das enhaltene CO2 frei. Die Nährstoffe werden dem Boden zugeführt, das CO2 geht in die Luft. Bezogen auf das CO2 ist das Verbrennen solcher Pellets damit tatsächlich „neutral“. Es wird zwar ebenfalls CO2 freigesetzt, aber eben genauso viel, als wenn die Pellets nicht verbrannt worden wären. Lediglich der Nährstoffverlust für den Waldboden ist hier negativ anzuführen. Ganz anders sieht es aus, wenn Bäume gefällt werden, um diese kleinzuraspeln und zu Pellets zu verarbeiten. Das passiert angeblich in Deutschland nicht, aber in anderen Ländern sicher. Solche Pellets sind in keiner Weise als ökologisch und „klimaneutral“ zu bezeichnen. Zu den bei Scheitholz genannten Effekten tritt bei so hergestellten Pellets noch der aktive Trocknungsprozess hinzu.
Jetzt wäre es schön, wenn man als Verbraucher ein Siegel hätte, auf dem steht: „Pellets aus Abfallsägespänen der holzverarbeitenden Industrie. Für diese Pellets wurde kein zusätzlicher Baum gefällt“. Ich habe beim DEPI nachgefragt, ob es sowas gibt. Gibt es leider nicht. Wäre angeblich nicht notwendig, da in Deutschland 90% der Pellets (s. o.) genau so hergestellt werden. Diese Zahl ist aber eine Selbstauskunft der Hersteller, ohne weitere Überprüfung. Zudem besteht aufgrund der aktuell hohen Pelletpreise (> 750 €/to, Stand 13. Oktober 2022) die Gefahr, dass auch in Deutschland Hersteller auf die Idee kommen, Bäume für Pellets zu fällen.
Über die o. g. Aspekte, die sich wesentlich nur auf den Teilaspekt CO2 beziehen, sind auch die Aspekte der Waldökologie zu berücksichtigen. Die Kurzfassung ist dabei die: Die Wälder in Deutschland sind zu jung, es verbleibt zu wenig Restholz im Wald, den Wäldern werden zu viele Nährstoffe entzogen, die Biodiversität leidet extrem. Die Langfassung würde diesen Blogbeitrag überfordern.