Wenn man sich mit Schimmel beschäftigt, dann stößt man unweigerlich auf die DIN 4108. In dieser sind im Teil 2 die Randbedingungen genannt, unter denen „bei gewöhnlicher Wohnnutzung“ hygienisch einwandfreie Oberflächen ohne Schimmel und Tauwasser zu erwarten sind. Bei den Randbedingungen stößt man auch auf den sogenannten Mindestluftwechsel von 0,5/h. Das bedeutet, dass alle 2 h der komplette Luftinhalt der Wohnung ausgetauscht wird. Diese Nebenbemerkung der DIN hat in den letzten Jahren erstaunliche Karriere gemacht. Viele haben daraus abgeleitet, dass folglich der Nutzer dafür zu sorgen hat, dass alle 2 Stunden die Wohnung einmal komplett gelüftet werden muss, damit es nicht zu Schimmel kommt.
Das ist spannend, da es den durchschnittlichen werktätigen Menschen vor die Frage stellt, wie er alle 2 h von der Arbeit nach Hause gehen soll, um mal eben 5 Minuten Stoßlüftung zu betreiben.
„Hallo Chef, ich geh mal eben meine Wohnung lüften, komm dann in ’ner Stunde wieder.“
„Klar, ich muss auch noch gleich lüften gehen, bis später!“
Dass dies nicht geht, ist jedem klar bis auf wenige „Sachverständige“, die die „2-Stunden-Regel“ zum Dogma der normalen Wohnnutzung erhoben haben. Im Ernst, wer lüftet seine Wohnung alle 2 Stunden? Wohl niemand. Und trotzdem haben die meisten keinen Schimmel. So richtig kann diese „2-Stunden-Regel“ also nicht sein.
Wesentlich interessanter sind die anderen Annahmen der DIN 4108. Sie gehen von 50% relativer Luftfeuchte bei 20°C Raumlufttemperatur innen und einer Außentemperatur von -5°C aus. Unter diesen Randbedingungen darf die Oberflächentemperatur nicht unter 12,8°C sinken, um sicher schimmelfrei zu bleiben.
Wie schafft man die erforderliche Oberflächentemperatur? Durch eine entsprechend gedämmte Wand. Das ist nicht besonders schwer. Die DIN gibt hierfür einen Durchlasswiderstand der Wand von 1,2 m²K/W an, damit auch Kanten als geometrische Wärmebrücken schimmelfrei bleiben. Mit 5 cm Dämmung der Wärmeleitfähigkeit 040 oder einer 30 cm dicken Hochlochziegelwand ist man i. d. R. problemlos dabei.
Interessanter ist die relative Luftfeuchte. Eine durchschnittliche 90 m²-Wohnung hat ein Luftvolumen von 225 m³. Eine relative Luftfeuchte von 50% entspricht bei 20°C damit einem Wassergehalt von 1946 g. Da soll dann schon nichts mehr dazukommen. Also lüften, kalte Luft (-5°C, 80 % rel. Feuchtigkeit) rein. Neue relative Luftfeuchtigkeit nach dem Lüften: ca. 15% bei 20°C, das entspricht ca. 585 g Wasserdampf in der Luft. Bis die Luftfeuchtigkeit wieder auf 50% angestiegen ist können der Wohnung also wieder 1361 g Feuchtigkeit zugefügt werden.
Was erzeugen wir an Wasserdampf?
- ca. 50 g pro Stunde durch Atmen beim Schlafen
- ca 100 g pro Stunde bei Hausarbeit
- ca 100 g pro Stunde bei anstrengender körperlicher Arbeit
- Ein Braten im Ofen: ca 600 g/h
- einmal Duschen: ca. 1700 g
- einmal Baden: ca 1100 g
- Topfpflanzen: ca 5 bis 20 g/h
Wenn wir also zu zweit in unserer 90 m² Wohnung fernsehen und 5 Topfpflanzen haben, dann bräuchten wir knapp 7 h, um die Luftfeuchtigkeit der Wohnung von den 15% nach dem Lüften auf die 50 % zu erhöhen. Danach müssten wir erneut lüften…. Das widerspricht der „2h-Regel“ eklatant. Wenn wir nun aber nur einmal duschen und die Feuchtigkeit nicht – wie man es sollte – nach draußen lüften, sondern in die Wohnung, dann ist bereits nach dem Duschen neues Lüften angesagt – für die gesamte Wohnung. Und das dann bereits nach wenigen Minuten… auch hier kommen wir mit der „2-Stunden-Regel“ nicht wirklich weiter. Es kommt also nicht so sehr auf die Häufigkeit des Lüftens an, sondern auf die relative Luftfeuchte im Raum und auf die tatsächliche Wasserdampfzufuhr.
Nun gibt es aber noch ein Phänomen, das in einem anderen Beitrag behandelt wird… Die Luftfeuchtigkeit von unserem Beispiel sinkt in Realität beim Lüften gar nicht im Raum auf 15 % ab…
Zum Überbrücken der Zwischenzeit lohnt sich immer wieder ein Besuch auf unserer Internetseite
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1 thoughts on “Wie oft muss man lüften, um Schimmel zu vermeiden?”